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guten Teil aus wirtschaftlichen Erwägungen, auch hier zunächst der klug berechnende Finanzmann. Selbständige Kunstpolitik Sachsens war sein Ziel. Dresden hatte seine Rolle als Kunststadt ziemlich ausgespielt, ein kräftiger Impuls zu neuem Leben tat not. Die einheimische bodenständige Kunst fehlte ihm, sächsische Künstler sollten herangebildet werden. Verbreitung von Geschmack sollte aber auch dem Kunstgewerbe zugute kommen, die Akademie sollte dazu verhelfen. In diesen Anschauungen begegnete er sich mit den Bestrebungen von Maria Antonia und Kurfürst Christian, die der Mangel deutscher Lehrkräfte an der Eröffnung einer Akademie „bisher“ gehindert hatte. Für Leipzig setzte er ebenfalls die Gründung einer Kunstschule durch. Aus wirtschaftlichen Gründen mußte die von Krubsacius ver­tretene Richtung mit ihrem Streben nach Einfachheit und Vermeidung alles unnötigen Schmuckes besonders fördernswert erscheinen. Sachsen war finanziell erschöpft. Eine billige Kunst konnte am leich­testen sich Käufer erwerben.

Vor allem bei der Baukunst war die größere oder geringere Kostspieligkeit einer Stilrichtung volkswirtschaftlich von Bedeutung. In der Folge unterschied auch die Kritik nicht mehr scharf zwischen dem Erstreben der Einfachheit aus künstlerischen und aus pekuniären Gründen. Nach dem Prinzip der Billigkeit wurden bald alle sinnlich wirkenden Schmuckelemente als „umgänglich“ bezeichnet. Dieses unkünstlerische, rein praktische Prinzip kannte keine Grenze und mußte zur vollendeten Nüchternheit führen.

In den Anfang der charakterisierten Kunstbestrebungen fiel die Eingabe der zweiten Schmidt­schen Kreuzkirchenrisse zur Approbierung. Zum ersten Male bot sich hier für die Akademie Gelegen­heit, nach Pariser Vorbild kunstrichterlich wirksam zu werden. Einfluß auf die Gestaltung dieses Hauptbaues zu gewinnen erschien um so nötiger, als Schmidt ein Vertreter des bekämpften Barockstils war. Maria Antonia, die Förderin der Hagedornschen Pläne, nahm als Mitregentin an der ent­scheidenden Ministerkonferenz teil. Nicht die etwas schwerfälligen, als „unsre alten Perrücken“ von Maria Antonia verspotteten Minister[1], nicht der in Kunstsachen neutrale, nach zeitgenössischen Schil­derungen ziemlich unselbständige Prinz Xaver, sondern Maria Antonia dürfte die Berufung von Krub­sacius erwirkt haben. Die Redigierung der Resolution weist auf einen Architekturkenner hin und scheint eine Eingabe von Hagedorn zur Grundlage zu haben.


2. Der Gegensatz Schmidt und Krubsacius.
Vorgänge:


1764,  1. März. Eröffnung der Dresdner Akademie.
20. März. Krubsacius nimmt die Professur an.
22. Mai. Krubsacius wird als Hofbaumeister vom Oberbauamt getrennt.
18. Juni. Ministerkonferenz in Gegenwart von Maria Antonia und Xaver. Die Kommunikation der Schmidtschen Pläne an Krubsacius wird anbefohlen.
19. Dezember.      Die Schmidtschen Risse werden endlich auf Hagedorns unter der Hand durch den Superinten­denten und sonst sorgfältig geschehene Anregung von Bormann an Krubsacius abgegeben.
1765, 28. Januar. Erstes Gutachten von Krubsacius.
30. Januar. Überreichung desselben mit Vortrag von Hagedorns.
2. März. Entgegnung Schmidts.
22. Juni. Einsturz des alten Kreuzturms.
22. Juli. Zweites Gutachten von Krubsacius.
1. August. Überreichung desselben mit Vortrag von Hagedorns.
19. August. Entschließung von Prinz Xaver. Schmidt hat einen verbesserten Riß einzureichen. Zum neuen Turm sind von mehreren geschickten Baumeistern Pläne zu fertigen
1766, 20. Februar. Weder Exner noch Krubsacius haben Turmrisse gefertigt.
16. April. Exner lehnt die Beteiligung ab.
21. April. Schmidt gibt sein drittes Neubauprojekt ab.
25. April. Krubsacius gibt sein Turmprojekt ab.
6. Mai. Chiaveri erstattet ein Gutachten.
  1. Weber, Maria Antonia. Dresden 1857.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/81&oldid=- (Version vom 9.4.2024)