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Es wird dafür gehalten, daß solche zur Dauer und Festigkeit des Gebäudes viel beitragen." „Die Verzierungen der Fensterverdachungen könnten nach besserem und modernerem goût angegeben sein.“ Neu ist, daß der Anlauf (die Anschweifung) gegen die Attique in steilerem Zirkelbogen erfolgen und mit Kupfer gedeckt werden soll. „Schmidt will’s beobachten.“ Schließlich heißt es: „Weil die ganze Anlage Stehenbleiben des alten Turmes zur Voraussetzung hat, will sich Schmidts Projekt nicht wohl ändern lassen, ohne an vielen Orten entweder wider die Symmetrie oder die Bequemlichkeit oder wohl gar gegen die Festigkeit zu verstoßen. Größte Bedenklichkeit, die Festigkeit bei dem Turm zu erlangen, bestehe in dem Raum zur Plazierung der Orgel, wo ein Bogen 17 Ellen geschlossen, die innerliche Seite des Turmes und die anderen beiden Seiten gegenüber (d. h. die vier Turmschäfte des dritten Geschosses) auf Gewölbe gesetzt werden sollen. Es wird beliebet, sich deshalb behöriger Orten zu benehmen.“

Im Schlußbericht kritisiert die Kommission die inzwischen abgeänderten Risse. „An das in der Höhe des Turmes aufgeklebte Blatt, welches den Turm oben her verbessern und verbreitern soll, sind Karyatiden angebracht, welches keine Zierat für eine christliche Kirche sein kann und überhaupt in dieser Erhebung des Turmes nicht stattfindet.“ (Die gemeinten Halbfiguren sind Engel mit Flügeln in vier­facher Menschengröße.) „Die in der dritten Etage angebrachten Pilaster wollen sich gleichfalls daselbst nicht anwenden lassen, weil die guten Regeln der Architektur nicht verstatten, bei übereinander gestellten Ordnungen Pilaster zwischen Säulen zu stellen.“ „Obgleich die vordere Rundung des Schmidtschen Turmes sehr flach angebracht, dennoch würde es besser sein, auch diese vordere Linie seines Turmes wie die übrigen gerade zu ziehen, wo der Turm mit allen Seiten frei wird.“ Gegen die von Schmidt nicht geänderten Fassaden heißt es, „das aufgesetzte Dach hat kein gutes und symmetrisches Ansehen“ (ein bisher nicht erhobener Einwand). „Die Fensterverdachung soll gleichfalls eine andere Figur und Ansehen bekommen.“ Den Grundriß habe Schmidt durch Tekturen gebessert „darin, daß die Chor­säulen vorgerückt und dadurch nicht (vom Orgelbalkon) durchschnitten werden“.

Statische Bedenken wurden im Schlußbericht nicht mehr erwähnt. Die Einwände gegen die Pfeiler waren in der zweiten Sitzung zurückgezogen worden, die gegen die Festigkeit des Turmes hatte Schmidt in seiner Variante behoben. Das Prinzip der Kommission, wie es auch aus einem Ein­wand gegen Krubsacius hervorgeht, „der Turm wäre nur äußerlich abzusetzen, innerlich soviel möglich Grund auf Grund zu setzen“, würde, streng durchgeführt, Räume innerhalb eines sich zuspitzenden Turmes ganz ausschließen. Schmidts Schäfte saßen auf Gewölbezwickeln auf und als Wölblinie ver­wendete er die günstigste, die Parabel. Auch dies ein Zeichen, daß er die Schubwirkungen gut kannte und aufzunehmen wußte, während die Kommission Schubwirkungen nur möglichst auszuschließen suchte. Der beanstandete Orgelbogen von genau 17 1/2 Ellen (9,97 m) Spannweite erhielt nach Schmidts Plan einen Teil vom dritten Turmstock als Belastung. (Vergl. Abbildung S. 27 und 31.) Die Abstützung des Bogens durch die Treppenwangen (mit einer Länge gleich dem 1 1/2 fachen der Bogenweite) war vorzüglich. Der Orgelbogen des alten Turmes trug im Verhältnis eine größere Last, bei einer Länge der Widerlagsmauern gleich der Bogenweite (rund 8 m). Im Grundriß zur Turmvariante (vergl. Abb. S. 127) erhielt die Orgelarkade keine Turmlast mehr. Die Orgelpfeiler waren bei gleichem Abstand weiter ins Innere geschoben, so daß die schrägen seitlichen Arkaden enger wurden. Das Orgel­bedenken benutzte Exner, wie schon erwähnt, zur Einmischung. Aus dem Satz im zweiten Protokoll „Es wird beliebet, sich deshalb behöriger Orten zu benehmen,“ konnte er eine Berechtigung zu einem Abänderungsvorschlag kaum herleiten. Es ist nicht verständlich, warum man nicht auch in diesem Punkt Schmidts Änderungen abwarten wollte. Überdies ist Schmidts Lösung wesentlich glücklicher. Exner rückte gleichfalls die Orgelpfeiler nach innen, aber auch enger zusammen und behielt die Breite der schräggestellten Arkaden bei. Dem jetzt unbelasteten Orgelbogen gab er nur genau die Weite, die der belastete Bogen im alten Turm gehabt hatte (14 Ellen = 7,9 m). Infolge dieser Änderung wurde die Orgelempore um 2 m schmäler und der Saalabschluß im Grundriß korbbogig.

Die ästhetischen Bedenken gegen Schmidts Turm werden verständlich, wenn man damit das klassizistische Turmideal vergleicht. Der Aufbau sollte aus lauter Säulenetagen bestehen. Darin lag das „Gute“ am Krubsaciusplan und dann am Exnerschen. Und diese Etagen sollten einander kon­forme

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Alfred Barth: Zur Baugeschichte der Dresdner Kreuzkirche. C. C. Meinhold & Söhne, Dresden 1907, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Alfred_Barth_Zur_Baugeschichte_der_Dresdner_Kreuzkirche.pdf/90&oldid=- (Version vom 9.4.2024)