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aus können, wie wir eben gesehen haben, nur auf eine geringe Tiefe sich erstrecken. Eine Erwärmung über 0° ist vollends unmöglich. Der erwärmende Einfluß der Sommerzeit bleibt daher nicht, wie im Erdboden, in der äußersten Kruste haften, um durch den entgegengesetzten Einfluß der kalten Jahreszeit wiederum beseitigt zu werden. Er äußert sich bloß dadurch, daß er Eis von 0° im Wasser von eben derselben, oder nur ausnahmsweise von etwas darüber erhöhter Temperatur verwandelt, was sofort durch die ganze zerklüftete Masse hinuntersickert. Ist das Gletschereis mit der Wassermenge gesättigt, mit welcher es, in Folge seiner Porosität, getränkt bleiben kann, so wird das hinuntersickernde Wasser auf seinem Wege bis zum Gletscherboden nirgends haften bleiben; es sey denn es träfe Eis an, welches unter 0° erkältet ist, und welches sein Gefrieren bewirken müßte. Durch die bei Gefrieren frei werdende latente Wärme würde aber dieses kältere Eis sofort erwärmt, bis es ebenfalls die Temperatur von 0° besäße, und sich verhielte wie die übrige mit Wasser getränkte Eismasse. Alles wirkt folglich darauf hin, die Temperatur von 0° im Innern des Gletschers zu erhalten, und sie wieder herzustellen, wenn sie durch eine zufällige Ursache in irgend einem Theil sich verändert haben sollte. Das Innere eines Gletschers besteht folglich aus Eis auf 0°, dessen Zwischenräume mit Wasser von ebenfalls 0° benetzt sind. Die Kälte der äußeren Umgebungen kann nur bis auf eine mäßige Tiefe eindringen, und das benetzende Wasser zum Gefrieren bringen. Nur ausnahmsweise wird die kalte Winterluft, wenn durch Ungleichheit des Luftdrucks ein Luftzug erzeugt wird, in die weiteren Zwischenräume des Gletschers gelangen, und eine Erkaltung unter 0° auf ihrem Wege bewirken können. Zu den feineren Zwischenräumen des Eises wird sie sich selbst sofort den Zugang verstopfen, indem sie das aus denselben nachsickernde Wasser zum Gefrieren bringt.

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Verschiedene: Annalen der Physik und Chemie, Band LX.Leipzig: Verlag von Johann Ambrosius Barth, 1843, Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Annalen_der_Physik_1843_446.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)