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Ort. Datum. Tote. Verwundete. Bericht über die Ereignisse und ihre Ursachen. Haltung der Behörden und der Bevölkerung.
Tokat. gossen sie Petroleum über dieselben aus, um sie für die Massacre Ueberlebenden unbrauchbar zu machen.      Der Mutessarif Bekir-Pascha bewies eine große Energie in der Unterdrückung der von den Muhammedanern verursachten Unruhen trotz des Widerstandes des Kommandanten der Redifs (Reserven) Edhem Bey unter Drohungen seiner Glaubensgenossen.
Zileh. 28. Nov. 200      Ein Massaere fand statt. 200 Armenier sind umgekommen, 300 Häuser geplündert.      
Amasia. 15. 16. Nov. ca. 1000      Die Muhammedaner greifen die Armenier an, plündern die Häuser und Läden und ermorden die Christen. Alle ihre Etablissements einschließlich der Mühlen und Bauhöfe wurden geplündert. Nach den offiziellen Angaben wären es nur 80 Opfer gewesen; nach den Informationen der Konsuln beläuft sich ihre Zahl auf 1000. Der Yeschil-Irmak schwemmte eine große Zahl von Leichen hinweg.      
Marsivan. 15. Nov. 150 500      Eine Menge von Muselmännern stürzte sich auf die Christen. 150 Armenier sind getötet, 500 ungefähr verwundet. Die Häuser und Läden, 400 an der Zahl, sind geplündert. Die Mörder raubten selbst die Kleider der Toten, deren Leichname nackt auf den Straßen lagen, ohne beerdigt zu werden.      Die Soldaten beteiligten sich am Massacre u. d. Plünderung.
     Der Keimakam versuchte die Jesuiten-Patres zu zwingen, eine Erklärung zu unterzeichnen, daß die Armenier die Massacre provoziert hätten.
Khavza. 12. Nov. 10      Es finden Unruhen statt, in deren Verlauf 10 Armenier getötet und die Läden der Christen geplündert werden.      
Vezir-Keupru. Dez. 200      Unruhen brechen im Ort aus. Die Zahl der Opfer unter den Armeniern, nach den offiziellen Berichten 38, muß nach den Informationen der Konsuln mehr als 200 gewesen sein. 300 Häuser wurden geplündert.      
Vilajet Aleppo.
Aleppo.      Im Monat September wird die Anwesenheit armenischer Emissäre im Vilajet bekannt und verursacht eine gewisse Aufregung unter der muhammedanischen und christlichen Bevölkerung. Ihre Thätigkeit macht übrigens keinen großen Eindruck auf die armenischen Landleute, welche sie vielmehr bitten, das Land zu verlassen.
     Die Ankündigung der Reformen, die von Se. Majestät dem Sultan beschlossen waren und die in Ermangelung einer Publikation derselben von den Armeniern so ausgelegt wurden, als ob sie ihnen neue Privilegien verleihen, von den Muhammedanern, als ob dieselben sie den Christen unterordnen und sich nicht auf sie selbst erstrecken würden, erregt die Gemüter, und bringt die Bevölkerung der verschiedenen Religionen gegen einander auf.
     Auf der andern Seite trägt das Betragen der zur Aufrechterhaltung der Ordnung einberufenen Redifs dazu bei, die Ordnung zu stören, sie sagen offen, da man sie veranlaßt hätte, ihr Heim zu verlassen, man ihnen Freiheit geben müsse, die Christen zu plündern und auszurotten. In Aleppo selbst war mehrere Male eine Panik,
     Während die Schritte der Konsuln bei den Armeniern dazu beitragen, ihre Gemüter zu beruhigen, werden ihre Vorstellungen bei den Behörden mit offenbarer Gleichgültigkeit ausgenommen. Sie scheitern an der Entschlossenheit des Vali Hassan Pascha, die Dinge so optimistisch als möglich anzusehen, an der Ohnmacht der wenigen wohlwollenden Beamten und an der Konivenz oder Mitschuld der andern.
     Erst als alles vorüber ist, denken die Behörden daran, die notwendigsten Maßregeln zu
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Armenien und Europa. Eine Anklageschrift. Verlag der Akademischen Buchhandlung W. Faber & Co., Leipzig 1897, Seite xx. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Armenien_und_Europa._Eine_Anklageschrift.pdf/232&oldid=- (Version vom 31.7.2018)