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Der Seligkeit Fülle, die hab ich empfunden!
Die Schönheit besaß ich; sie hat mich gebunden;
Im Frühlingsgefolge trat herrlich sie an.
Sie erkannt ich, sie ergriff ich; da war es getan.
Wie Nebel zerstiebte trübsinniger Wahn,
Sie zog mich der Erd’ ab, zum Himmel hinan.
— — — — — — — — — — — — — — —
Sie steiget hernieder aus tausend Gebilden,
Sie schwebet auf Wassern, sie schreitet auf Gefilden;
Nach heiligen Maßen erglänzt sie und schallt.
Und einzig veredelt die Form den Gehalt,
Verleiht ihm, verleiht sich die höchste Gewalt. —
                                                 (Goethe, Pandora.)


Wenn das Auge eines Meisters sich schließt, dann muß es uns im ersten Augenblicke wohl scheinen, als verschlösse sich mit ihm im Dunkel die Welt der Erscheinungen, und wie Erblindete suchen wir im Inneren jene andere zu schauen, die der uns Entrissene, als er noch im Sonnenlichte wandelte, geschaffen und unserer Phantasie geschenkt hat. Denn was aus innerer Kraft hervorging, wird auch dem Anderen wieder zum inneren Besitz: jeder große Künstler prägt unserer Seele das Abbild der Welt ein, das er selbst sich geformt, und so Viele uns mit ihren Anschauungen durchdrungen haben, so viele Weltbilder sind in uns lebendig und wirksam.

Empfohlene Zitierweise:
Henry Thode: Arnold Böcklin (Gedenkworte). Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1905, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Arnold_B%C3%B6cklin.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)