Seite:Badisches Sagenbuch II 013.jpg

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– rief sie mit gebrochenen Worten, – Gott hat dich mir wieder gegeben! – Walther drückte sie mit zitternden Armen an sein Herz und theilte dann seiner Gattin noch verschiedene geheime Wahrzeichen mit, welche alle ihre Zweifel gehoben hätten, wenn ihr noch einer übrig geblieben wäre.

Nun rief Hedwig ihre Söhne herbei: Umarmt Euern Vater! Er ist es, ich schwör’ es Euch bei meinem Mutterherzen! – Die Söhne warfen sich ihrem Vater zu Füßen, und baten ihn um Verzeihung. Walther hob einen nach dem andern von der Erde, umschlang ihn mit seinen Armen und drückte seine Lippen auf dessen Mund. Dann führte Hedwig ihren Gemahl, von seinen Söhnen umgeben, in die Burg, wo er ihnen die Verrätherei seines Vetters Diebolt und seine Befreiung durch den getreuen Rublin erzählte. Des folgenden Morgens war großer Jubel im Schlosse: das gesammte Hofgesinde drängte sich herbei, um seinen guten Herrn zu bewillkommen. Walther reichte ihnen seine abgezehrte Hand, an der noch die Malzeichen der Fesseln zu sehen waren. Alle küßten und netzten sie mit ihren Thränen. Nach etlichen Tagen schrieben die Söhne einen Brief an alle Verwandte, Freunde und Lehensleute ihres Vaters, und klagten ihnen, wie ehrlos Diebolt von Lützelhardt an ihm gehandelt, wie er ihn heimlich entführt und in einen schrecklichen Kerker geworfen habe, um ihn darin verschmachten zu lassen. Sie forderten alle diese Männer im Namen der Ehre und der Freundschaft auf, mit ihnen auszuziehen, um diese Unbilde zu rächen. Die nächste Woche darauf erschienen die Freunde des Herrn von Geroldseck mit 200 Reisigen auf seiner Burg und rückten gegen das Schloß Lützelhardt, das sie zehn Tage lang belagerten. Diebolt wehrte sich anfänglich mit dem Muthe der Verzweiflung; als aber die Lebensmittel ausgingen und er seine Leute, anstatt liebreich sie zu trösten, täglich grausamer behandelte, so wollten sie ihn zwingen, die Veste zu übergeben. Da entfloh der Ritter des Nachts durch einen unterirdischen Gang, und Niemand wußte, wo er hingekommen war. Das Schloß aber ergab sich am folgenden Morgen, und wurde gänzlich zerstört, wie man solches noch an dem Burgstall sieht.

Der biedere Rublin wurde von Ritter Walther mit seinem ganzen Geschlechte von der Leibeigenschaft losgesprochen, und

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_013.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)