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Und alles bei dem Tische saß,

Man war da fröhlich ohne Maaß.

Sie saßen da im großen Saal,
Alsbald da sah man überall,
Die Männer sahens und die Frauen,

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Sie konnten beide es anschauen,

Wie etwas durch die Bühne stieß,
Ein Menschen-Fuß sich sehen ließ.

Blos zeigt er sich bis an das Knie,
Kein schönern Fuß sie sahen nie,

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Der Fuß wohl überm Saal erscheint,

So schön und weiß wie Elfenbein,
Der Ritter still saß bei der Braut,
Die schrie bald auf und schrie gar laut.

Der Ritter, als er den Fuß ersah,

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Erschrack er und ganz traurig sprach:

„O weh, o weh, mir armem Mann!“
Und wurde bleich von Stunde an.
Man bracht ihm sein kristallnes Glas,
Er sah es an und wurde blaß.

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Er sah in dem Kristall-Pokale,

Ein Kind, das schlief beim lauten Mahle,
Es schlief vom Weine überdeckt,
Ein Füßchen hat es vorgestreckt,
Doch wie der Wein getrunken aus,

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So schwand das Kindlein auch hinaus.


Der Ritter sprach: „Der großen Noth!
In dreien Tagen da bin ich todt.“
Der Fuß, der war verschwunden da,
Ein jeder trat der Bühne nah,

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Wo doch der Fuß wär kommen hin,

Kein Loch sah man da in der Bühn.

All Freud und Kurzweil war zerstört,
Kein Instrument wurd mehr gehört,
Aus war das Tanzen und das Singen,

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Turnieren, Kämpfen, Fechten, Ringen,
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_022.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)