Seite:Badisches Sagenbuch II 048.jpg

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Rath und erreichten auch glücklich die heilige Stätte; aber ein treuloser Knecht, der ihre Flucht bemerkt hatte, verrieth den Hunnen das Geheimniß. Diese stürzten wutherfüllt nach der Kirche; als sie aber deren fußdicke eichene Pforte verriegelt fanden, fällten sie einen jungen Tannenstamm, um damit wider dieselbe Sturm zu rennen und sie zu sprengen. Doch als sie vom Walde zurückkehrten, um dies Vorhaben auszuführen, war der Eingang zur Kirche nicht mehr zu finden. Nirgends eine Spur mehr von einer Pforte; sogar die Fenster und anderen Oeffnungen waren verschwunden. Wohl stand die Kirche noch da, jedoch nur als ein mächtiger, undurchdringlicher Fels, aus dessen Innern leis und schauerlich ein Psalmenchor jungfräulicher Stimmen ertönte.

Noch vernimmt zuweilen der einsame Thalbewohner in stillen Nächten liebliche Gesänge, die aus dem Felsen zu erklingen scheinen, und das Herz mit frommem Sehnen erfüllen.

August Kopisch hat obige Sage kurz und kräftig gesungen, wie folgt:


 Die Felsenkirche.

Die wilden Hunnen werfen den Knecht:
„Wo sind die Fräulein? sag’ es recht!“ –

„Die sieben Fräulein sind entflohn
Zur Kirch’ und beten zu Gottes Sohn.“

Die Hunnen rennen zur Kirche dar.
Der Kirche Thür’ verschlossen war.

Die Hunnen fällen die hohe Tann
Und rennen wider die Thüren an.

Die Fräulein zu Maria schrei’n,
Die Kirche wird ein Felsenstein.

Der Wandrer, der vorüber zieht,
Hört noch im Stein der Frommen Lied.

Eine Reihe von Felsen in der nächsten Umgebung dieser Felsenkirche wird jetzt noch die „Siebenschwestersfelsen“ genannt; nahe dabei erhebt sich ein anderer Felsen „der Reitersprung“. (Siehe die folgende Sage.) Dieser Punkt wird vom „Känzele“, einer Felsenhöhle aus, am besten gesehen.

(S. Al. Schreibers „Sagen aus den Rheingegenden etc.“)
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_048.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)