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Brigitta von Hohinrot.
(Zweite Sage vom Brigittenschloß.)

Was sinnt das hohe, stolze Weib,
Im Bogengang um Mitternacht?
Sie hebt im Zorn den edlen Leib
Und öffnet eine Pforte sacht.

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Sie steht vor ihrer Liebe Mann,

Der ruht im Arm der Dirne hold;
Sie winkt der Magd zu sich heran:
„Ich zahle dir den Buhlersold!“

Da kehrt ihr Herr die Schaam in Wuth;

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Am scharfen Dolche bebt sein Arm,

Ihr hoher Busen sinkt im Blut,
Ihr stolzes Auge bricht im Harm.

Den Frevel schaut die Mondesgluth
Und rührt gelind die Starre an;

15
Sie wascht sich ab ihr klebend Blut

Und wankt hinaus auf öder Bahn.

Sie hüllt die welkende Gestalt
In tiefe Klosterschleier ein,
Und baut im weltverschwiegnen Wald

20
Ein Hüttendach der stummen Pein. –


Der Gattenmord hat keinen Trost
Und Reue wandelt sich in Fluch.
Er flieht, gerichtet und erboßt,
Ihn treibt ihr Blut wie Zauberspruch.

25
Er haut den Feind und schlägt den Freund,

Besäet mit Blut den Räuberlauf;
O Die Flamme steigt, wo er erscheint,
Doch rother steigt ihr Blut ihm auf.

In Trümmer bricht sein stolzes Schloß,

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Ihm schreit der Fluch des Volkes nach,
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_054.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)