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Er heischt im strengen Basse:

„Zeig her die jungen Köter,
Ob mit gefällt die Rasse!“

Was muß er sehn! Er starrt. „Gottlob!“
So ruft er aus, vor Zorn erblaßt,

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„Daß ich aus dieser Tauf’ euch hob,

Und mir versagt ein Stündlein Rast!
Nun, Falsche, offenbare
Der Rabenmutter Namen!“ –
Die Magd gesteht das Wahre,

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Ihr möcht’ die Zung’ erlahmen.


Da sträubt sich ihm das Haar empor,
Sein Auge rollt in Zornesgluth:
Das ist die Treu’, die sie mir schwor,
So hielt sie mir das Haus in Huth!

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Dir sey geschenkt das Leben,

Doch ihr mag Gott genaden!“
Drauf eilt in’s Schloß voll Beben
Er, mit dem Sack beladen.

Er tritt hinein zum Rittersaal,

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Zur Hand die Zeugen ihrer Schuld;

Da buhlten bei vertrautem Mahl
Die Schwelger um der Dame Huld.
„Hört an, ich bring’ euch Kunde
Von gräulichem Verbrechen!“

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Die Herrlein in der Runde,

Sie halten inn’ im Zechen. –

„Sagt an, welch eine Strafe soll
Ereilen solch unmenschlich Weib,
Hinmordend, grauser Tücke voll,

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Die Frucht von ihrem eignen Leib?“

Man stutzt. – „Die,“ rief ein Spasser,
„Vermauert harr’ des Todes
Bei einem Kruge Wasser
Und einem Laibe Brodes!“

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_074.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)