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Die drei See-Schwestern.[1]
(Metrische Version der vorigen Sage.)

Hört ihr im Thale vom Ufer her
Ein klägliches Stöhnen und Wimmern?
Seht ihr im wogenden Silbersee
Drei Schwäne so blendend, so weiß wie Schnee,

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Wenn am Himmel die Sternelein flimmern?


Das sind die drei Schwestern; von Allen geliebt,
Sonst kamen mit Rocken und Rädchen
Sie jeglichen Abend zum Dörfchen herein,
Und mischten sich unter den frohen Verein

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Der Burschen und spinnenden Mädchen.


Da wurde gescherzt und geherzt und gekost,
Da gab es wohl viel zu belachen.
Stets brachten die Schwestern was Neues mit,
Und übten im Tanze den zierlichen Schritt

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Und erzählten die lieblichsten Sachen.


Doch wann es Elf auf der Thurmuhr schlug,
Dann wichen sie eiligst von dannen;
Sie kamen und gingen – woher? wohinaus?
Das gründete Niemand von Allen aus,

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Wie sehr sie auch forschten und sannen.


Und ein junger Geselle, vermessen und kühn,
Gelüstete nach den drei Schönen:
Sie kamen – es pocht ihm vor Freude das Herz;
Sie gingen – in Wehmuth versank er und Schmerz,

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Dem Gram und der Trauer zu fröhnen.


Oft fleht’ er um längres Verweilen sie an,
Doch ließen sie nimmer sich halten;
Nicht achteten sie auf den bittenden Ton
Und flohen wie Wind und wie Nebel davon,

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Wenn die grausamen Zeichen erschallten.


Das kränkte gar tief sein verliebtes Gemüth,
Es verdroß ihn das Bitten und Flehen;


  1. [80] Vergl. mit dieser Sage die verwandten, nur wenig abweichenden: „Die Nixen vom Schluchsee,“ Seite 143 des ersten Bandes, „der Nixenquell bei Epfenbach“ und „die Jungfrauen vom See bei Sennfeld“, in diesem Bande.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band . Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_079.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)