Seite:Badisches Sagenbuch II 113.jpg

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erlernt und als Waidgesell lang in dessen Dienst gestanden hatte. Eckhart, so hieß er, war nicht nur im Forsthause, sondern auch in der ganzen Umgegend, seines biedern, freundlichen Wesens wegen gern gesehen, und mit besonderer Liebe hing von frühester Jugend an Berwin an ihm, der ihn mit den Waffen umzugehen lehrte und ihm den ersten Unterricht in dem edlen Waidwerk ertheilte. Und auch jetzt noch, nachdem Eckhart schon Jahre lang den herrschaftlichen Dienst angetreten, genoß er der alten Liebe und erfreute sich des unumschränkten Vertrauens der Familie des Forsthauses in der Legelsau. An ihn wandte sich die betrübte Mutter, und der Biedere versprach, sein Möglichstes zu thun, um dem Leid, das am Herzen des Jünglings nagte, auf die Spur zu kommen, oder ihn selbst zum Geständniß zu bringen.

In Kurzem gelang es ihm auch, auszukundschaften, daß Berwin tagtäglich den Mummelsee besuche; er beobachtete ihn, wie er Stunden lang am Ufer in tiefen Gedanken saß, öfters aus tiefster Brust aufseufzte und dann und wann etwas Weißes aus dem Busen zog, das er an sein Herz drückte und an seine Lippen. Er wußte nun es einzurichten, daß er eines Tages, wie zufällig, im Gebirge mit ihm zusammentraf. Sie begannen ein gleichgültiges Gespräch, während dessen sie sich im kühlen Waldesschatten auf schwellender Moosdecke niederließen. Eckhart rückte seinem Ziele näher, und seinem treuherzigen, eindringlichen Zureden vermochte der offene Berwin nicht lange zu widerstehen. Er gestand seine glühende, hoffnungslose Liebe zu der reizenden Wasserjungfrau und zeigte sogar den Schleier vor, den er am Ufer gefunden.

Die Jägersleute stehen eben nicht im Rufe besonderer Frömmigkeit; doch Eckhart besaß einen frommen Sinn und ein gläubiges Gemüth, und in der ganzen Erzählung seines jungen Freundes sah er nur eine höllische Verblendung, den Jüngling ins Verderben zu locken. Er suchte ihn darum mit aller Kraft seiner einfachen, natürlichen Beredtsamkeit zu überzeugen, daß dies verführerische Gebild aus dem Wundersee nichts anders sey, als ein finsterer Geist des Abgrunds, den der Böse heraufgesendet, seine Seele zu verderben. So lang er das Lügenbild in seinem Herzen trage, habe die Hölle Theil an ihm; und dieß werde

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_113.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)