Seite:Badisches Sagenbuch II 206.jpg

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So fährt man zum Teufel.

Alldort bei der Kirche der Kapuziner
Fährt der Graf in der Kutsche mit seinem Diener.

Das Glöcklein zur heiligen Wandlung schallt,
Der fromme Knecht ruft: „Kutscher halt!“

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„Halt’ an zu Ehren Jesu Christ,

Bis die heilige Wandlung vorüber ist!“

Da schreit der Graf: „Schweig, Esel du!
Kutscher, fahr’ zu, fahr’ dem Teufel zu!“

Dem Grafen kaum dies Wort entwich,

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So öffnet der Kutsche Boden sich,


Und unter ihr der Erde Grund
Und schlingt hinab den Lästermund.

A. Schzlr.


Ein Gespenst liest Messe.

In die Stiftskirche zu Baden war ein Mann, den der Schlaf während des Abendgottesdienstes überwältigt hatte, eingeschlossen worden. Er erwachte erst um Mitternacht und sah, beim Schimmer der ewigen Lampe, wie ein gespenstiger Priester im Meßgewand aus der Sakristei an den Altar trat und sich anschickte, Messe zu lesen. Als das Gespenst sich umwendete, die heilige Handlung zu beginnen, ward es den Mann gewahr und winkte ihm, zum Meßdienen herbei zu kommen. Dieser aber, voll Angst, ging nicht von seinem Platze, worauf der Geist die Messe ohne einen Diener hielt und nach deren Beendigung in die Sakristei zurückkehrte. Am andern Tag erzählte der Mann das Geschehene seinem Dienstherren, der ihm rieth, die folgende Nacht abermals in der Kirche zu bleiben und dem etwaigen Begehren des Gespenstes zu willfahren. Der Mann folgte dem Rath und ging, nachdem ihm um Mitternacht derselbe Priester wieder gewinkt hatte, getrost zum Altar und bediente

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_206.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)