Dort hüten Frau’n im schwarzen Schleier
Die Todten in der Fürstengruft.
Du heil’ge Stätte Lichtenthal?
Bringt dir nicht schon der nächste Morgen
Der Mordbrand-Fackel Loderstrahl?
Ehrt Der das Gotteshaus, das reine,
Der Todten Ruh, der die Gebeine
Der Kaiser in den Staub gestreut?
Kein Hoffen mehr, nur ein Ergeben
In Gottes Rathschluß, undurchschaut,
Manch himmelblickend Auge thaut;
Doch in der reinen Frauen Mitte
Tritt jetzt des Klosters treue Magd:
„Gewährt, zu handeln, mir die Bitte!“
„Vertraut dem Herrn, der in dem Schwachen
Zur rechten Stunde mächtig ist;
Nach meiner Weise laßt mich machen,
Rath schaff’ ich euch nach kurzer Frist!“ –
Verläßt sie bald das Gotteshaus,
Und pilgert rasch mit Korb und Stabe
In das verheerte Land hinaus.
Nichts stört sie auf der frommen Reise,
Sie braucht des Trankes kaum, der Speise,
Nicht müde wird ihr Fuß, so reg;
Rückschauend auf die Schwarzwaldberge
Steht sie am fluthenhellen Rhein,
Sie in den schwanken Nachen ein.
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_223.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)