Seite:Badisches Sagenbuch II 239.jpg

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gleich nach Haus, wo er seinen Geist aufgab. Er hatte Schindeln in der Tasche stecken, seine Schuhe waren ganz durchgelaufen und mit Weiden gebunden, aber an seinem ganzen Körper war gar nichts verletzt und auch kein einziger Ritz zu bemerken.[1]

(Siehe Mone’s „Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit.“ Jahrgang 1834.)


Die Drei-Eichenkapelle.

Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts zog die Pest mit ihrem ganzen Gefolge von Schrecknissen und Plagen verheerend durch Teutschland. Die Felder lagen öde und unbebaut, die Städte wurden entvölkert, Sterbende schleppten die Todten zum Grabe, vor den nächsten Anverwandten verschloß man die Thüre; alle geselligen Bande waren gelöst. Schon in den nächsten Städten und Dörfern um Baden hatte diese furchtbare Geißel der Menschheit ihre Verwüstungen begonnen. In letzterer Stadt hatte man die Thore geschlossen und die Behälter der warmen Quellen geöffnet, daß sie qualmend und dampfend durch die Straßen hin strömten. Und immer näher rückte die Seuche; schon waren in dem Weiler Scheuern die Bewohner des äußersten Hauses gegen Oos zu davon ergriffen; der Hausvater hatte nacheinander sein Weib und vier Kinder jämmerlich dahin sterben sehen und sie auf dem nächsten Felde verscharrt und erwartete jetzt, hülflos, von aller Welt gemieden und geflohen, sein gleichfalls herannahendes Ende.

Wenige Schritte von dem Verlassenen wohnte sein erster Nachbar, Diether, mit Weib und Kindern. Voll Schrecken und Zagen hatten diese gesehen, wie der unglückliche Vater alle die Seinigen hinaustrug zum Begräbniß und wie er selbst mit wankendem Schritt und blassem, bleifahlen Antlitz im Haus umherschlich. Zuletzt mußte ihm auch hierzu die Kraft gefehlt haben, denn so oft sie auch nach dem Hause hinüber schauten, so vermochten sie doch keine Spur von einem lebenden Wesen mehr zu erblicken; das ganze Haus schien ausgestorben zu seyn, oder der letzte Bewohner desselben mochte wohl schon mit dem Tode ringen. Endlich zeigte sich doch der Kranke wieder am


  1. Die Erzählung ist wahr, die Erklärung Sage.
    Mone.     
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_239.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)