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Dem Wolf auch schien die Melodei
Nicht sonders zu behagen,

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Er trat zurück mit bangem Schrei,

Trotz seinem leeren Magen;
Doch wie der Pfeifer ruhte,
Kam er mit neuem Muthe.

Da hat der Pfeifer abermals

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Sein Flötenspiel ergriffen

Und lauter noch aus vollem Hals
Sein schmetternd Lied gepfiffen.
Wild klang der Hochzeitreigen
Durchs mitternächtige Schweigen.

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Der Spielmann bläßt so lang er kann,

Sein Gaumen wird ihm trocken,
Er bläßt und bläßt, doch bald begann
Der Odem ihm zu stocken.
„O Todeskampf voll Grauen

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In eines Wolfes Klauen!“


Da plötzlich ruft es von den Höhn:
„Vermaledeiter Bube!
Was soll dein Höllentanzgetön
Zu Nacht in dieser Grube?

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Willst du den Reh’n und Hasen

Allhier ein Ständchen blasen?“ –

„Ach, Herzenswaidmann, helft mir doch
Aus dieses Wolfes Krallen!
Schon pfeif’ ich auf dem letzten Loch, –

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Laßt Euch mein Flehn gefallen!“

Der Jäger unverdrossen
Hat schnell den Wolf erschossen.

Drauf stieg der Pilger schreckensbleich
Hervor aus seinem Grabe:

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„Habt Dank, Herr Schütz! Wie bin ich reich,
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_262.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)