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Murgthal.


Die Wolfsschlucht und die Waldkapelle bei Selbach.

Kommst etwa du einmal der Wolfsschlucht nah,
Dann, Wanderer, nimm dich in Acht!
Unheimliche Wesen nur treiben sich da
Im düsteren Schleier der Nacht.

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Dort sucht eine Hexe sich allerlei Kraut

Zusammen bei mondlichem Strahl,
Draus liebesbethörende Tränke sie braut
Im Kessel im einsamen Thal.

Sie schwingt um den Herd sich im lustigen Tanz,

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Qualm wälzt sich betäubend heraus,

Von ferne schon siehst du den höllischen Glanz,
Dann kreuz’ dich und flüchte nach Haus!

Jetzt aber geschieht dies nur Einmal im Jahr,
In Andreas’ geheiligter Nacht:

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Dann kochen im Kessel die Gifte sich gar,

Die rühret die Hexe mit Macht.

Vor Zeiten, da war sie ein reizendes Weib,
Bezaubernd durch Satanas’ Kunst,
Doch ihm war verfallen mit Seele und Leib,

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Wer je sich erfreut ihrer Gunst.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_279.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)