Seite:Badisches Sagenbuch II 330.jpg

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erhalten sollt. Die Art und Weise, wie dies auszuführen, wird erst die Zukunft lehren.“

Bald hierauf verließ der Ritter die Gräfin, nachdem er vorher versprochen, sie demnächst wieder zu besuchen; aber sein Bild blieb in Agnesens Herzen zurück.

In der That kehrte der junge Mann bald wieder zu ihr und erneuerte sodann täglich seine Besuche. Die Jungfrau glühte von heftiger Liebe zu ihm, und sie verbrachten mit einander manche Stunde in traulichem Kosen. Ihr Gefängniß war ihr durch die Gegenwart ihres Geliebten sogar theuer geworden, ja sie gedachte schon nicht ohne Bekümmerniß der Zeit, die sie zurückführen sollte in die Arme ihres Vaters, weil sie sich dann von ihrem jungen Tröster, vielleicht auf immer, trennen müßte. Doch wollte sich, wie der Ritter versicherte, noch immer keine günstige Gelegenheit zur Flucht bieten; stets traten neue Hindernisse in den Weg.

Auch der als Abt verkleidete Knecht stellte sich noch einige Male ein, ward aber immer verächtlicher und derber zurückgewiesen.

Trostlos jammerte indessen der Graf von Eberstein um die geliebte Tochter. Er sandte nach allen Seiten seine Diener auf ihre Spur, doch alle kehrten sie wieder unverrichteter Dinge zurück. Er selbst durchstreifte täglich zu Roß die ganze Umgegend, allein mit eben so wenig Erfolg. Eines Tages, als er, am Fuß eines Hügels gelagert, seinem Schmerze nachhing, während sein Pferd neben ihm graste, kam ein Knabe mit etlichen Ziegen, die er heimwerts trieb, des Weges daher. Auch Diesen forschte der Graf aus, allein der Hirtenjunge wußte keine Auskunft zu geben.

Eberhard seufzte vor sich hin: „O meine arme Agnes!“

„Agnes?“ – fragte der Junge, – „sonderbar, heute höre ich diesen Namen, den ich sonst in meinem Leben noch nie vernommen, schon zum zweiten Mal!“

„Wo? Wo?“ fragte begierig der Graf.

„Ei nun,“ – versetzte der Knabe – „drüben im Kloster. Ich bringe manchmal Brunnenkresse in die Küche dorthin, und da bekomm’ ich immer etwas zu essen dafür. So war es auch heute. Ich saß in der großen Stube neben der Küche, da hörte

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_330.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)