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Die hohe Ruhe.

Von Karlsruhe zieht eine schnurgerade Landstraße nach dem eine halbe Stunde entfernten Mühlburg. Auf diesem Wege ging, vor ungefähr 20 Jahren, Abends, als es schon dunkel war, eine Mühlburger Frau, um Milch nach Karlsruhe zu bringen. Als sie an die steinerne Bank kam, welche, auf einer kleinen Erhöhung, am Saum des Hardtwaldes steht und die „hohe Ruhe“ heißt, sah sie drei Männer darauf sitzen, die im Mondschein Karte spielten. Einer derselben rief ihr zu, sie möge ihm aus ihrer Tabakspfeife (?) Feuer gehen, was sie auch that, und dann weiter ging, sich über die seltsame Spielgesellschaft verwundernd. Auf einmal merkte sie, daß sie von der geraden Straße, die sie schon unzähligemal bei Tag und Nacht gekommen, abgekommen, und tief in den Hardtwald gerathen war. Obgleich darin wohlbekannt, wußte sie doch diesmal weder aus noch ein, und mußte viele Stunden umherirren, bis sie, Nachts um zwei Uhr, am Waldeck aus dem großen Uebungsplatz heraus kam, wo sie endlich sich zurecht fand.

(S. Mone’s „Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit.“ 1835. 3. Jahrg.)


Gottesaue.

Tief in des Hardtwalds Nachtgesfild,
Von Schweigen rings umschlossen,
Stand einst ein Muttergottesbild
In jungen Blüthensprossen;

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Weit floh des scheuen Wildes Spur

Von der geweihten Stelle,
Der Murmelquelle Rauschen nur
Umflüstert die Kapelle.

Und weit vom frommen Volk verehrt

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In seines Haines Stille,

Es leise waltend sich verklärt
In hoher Wunderfülle.
In seiner Tannen dichter Nacht
Wo jedes Tosen schwindet,

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_349.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)