Seite:Badisches Sagenbuch II 355.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Hier, wo in deinem Gnadenschrein
Mein theures Kind ich schaue,

195
Hier weht der Unschuld Friedenshain,

Ja, hier ist Gottes Aue!
Die späte Nachwelt noch soll hier
Ein Gnadendenkmal schauen,
Drum will ich einen Tempel dir

200
Auf dieser Stelle bauen.


Hier, wo geschirmt die Unschuld schlief
Von Gottes Friedenhafen,
Hier will ich, wenn er mich berief,
Im stillen Grunde schlafen.

205
Der Namen Gottesaue soll

Den neuen Tempel krönen,
Und unerschöpfter Andacht Zoll
Daraus zum Himmel tönen!“

Friedrich von Maltitz.

Die Art, wie hier die Gründung des Klosters erzählt wird, entspricht einer mündlichen Ueberlieferung, und zwar in der Weise, daß man den Namen Gottesaue als Gottes Auge, das über dem Kinde wachte, erklärt wird; eine Auslegung, welche den Klang des lateinisirten Namens Godisaugia, Augia dei, nicht aber die richtige Ableitung für sich hat.

(Vergl. Ed. Brauer’s „Sagen von Baden.“ S. 183.)


Die Geister zu Gottesau.

Zu Gottsau hört man oft in nächt’ger Stunde
Die Mönche klopfen in des Kellers Grunde.

Es pocht und schallt, als schafften ohne Ruh
Viel Küfer an den Fässern ab und zu.

5
Und oben in des Schlosses Hallengang,

Da rauscht und schlurft es dann so dumpf und bang;

Da geht umher ein kleines weißes Weibchen,
Den Schlüsselbund am schwarzgestreiften Leibchen.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_355.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)