Seite:Badisches Sagenbuch II 379.jpg

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befand, fuhr sie befohlenermaßen mit der Gerte im Kreis umher; da wurde der weiße Hund kohlschwarz, worüber entsetzt sie ausrief „Ach Gott!“ Kaum war das Wort aus ihrem Munde, so fiel sie ohnmächtig nieder. Bei ihrem Erwachen fand sie sich oben in der Kirche unter dem Schwiebbogen liegend und vernahm in der Luft ein Aechzen und Wehklagen, darunter die Worte: „Wehe! nun muß ich noch lange leiden!“ Dies Jammern folgte ihr ein paar Stunden lang nach, so daß sie vor Angst nicht wußte, was sie thun sollte, und endlich ganz erschöpft in das Bad in Langensteinbach kam, wo sie sich allmählig wieder erholte.

3. Im Frühling eines Schaltjahres ging ein unerwachsenes Mädchen in die St. Barbarakirche, während ihr Vater nebst einem andern Manne draußen beschäftigt waren. Da sah sie die weiße Frau aus dem Chore kommen. Diese blieb dort stehen und winkte dem Mädchen mit einem Bst! zu sich hin. Ihr Gesicht und ihre Hände waren schneeweiß, ihre Augen und zurückgeschlagenen Haare rabenschwarz; in der Hand, womit sie winkte, hielt sie ein Sträußlein blauer Blumen, an der andern hatte sie eine Menge goldener Ringe; sie trug ein weißes Ueberkleid und darunter ein Gewand von derselben Farbe, grüne Schuhe und an der Seite einen großen Bund Schlüssel. Von Todesschrecken ergriffen, lief das Mädchen aus der Kirche und holte die beiden Männer herein. Diese konnten aber die weiße Frau nicht sehen und als sie fragten, wo dieselbe sey, deutete das Mädchen hin, und sagte: „Dort!“ Da wandte die Frau sich um, ihr Haar hing über den Rücken bis auf den Boden und sie schritt nach dem Chore zurück; das Mädchen aber fiel in Ohnmacht. Als es wieder zu sich kam, war die weiße Frau verschwunden und ließ sich, obwohl die Männer überall nachforschten, nirgends mehr blicken.

4. In und bei der Kirche lassen sich öfters bei Nacht viele Hunde, Katzen und Lichter von verschiedenen Farben, wie auch ein schwarzer Mann sehen; Schellen ertönen zuweilen darin, und im Wald, der zunächst der Kirche liegt, kann das Wild von den Kugeln der Jäger nicht getroffen werden. Schon manche

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_379.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)