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Das Hündchen von Bretten.
Erste Sage.

Zu Bretten überm Stadtthor steht
Ein Hündchen ohne Schwanz,
Und über seinem Haupte weht
Ein hart verdienter Kranz.

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Wer sich umsonst zu Tode zieht,

Vergnügt in schweren Ketten,
Dem sagt man: „Wahrlich, dir geschieht
Noch wie dem Hund von Bretten.“

Dem Hündchen ward, dem treuen Thier,

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Die Treue schlimm gelohnt,

Und sicher so ergeht es Dir,
Der sich im Dienst nicht schont.
Es war von seinem Herrn, wie Du,
Zu Manchem abgerichtet,

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Der ließ ihm keine Stunde Ruh’,

Die Chronik hats berichtet.

Wohl mochte kein geplagt’rer Gaul
Im ganzen Städtchen seyn;
Gab er ihm einen Korb in’s Maul,

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So lief’s und kauft’ ihm ein:

Beim Metzger Fleisch und Bratwurst gar,
Und Weißbrod bei dem Bäcker,
Im Korbe sagt’ ein Zettel klar,
Was nöthig war dem Schlecker.

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Das Hündchen lief von Haus zu Haus,

Und ließ sich nie verführen,
Nur einen Bißen von dem Schmaus
Des Herren anzurühren,
Wenn es ihn treulich heimgebracht;

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Doch war es schon zufrieden,

Ward ihm von seiner schweren Fracht
Ein Knöchlein nur beschieden.

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_411.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)