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Arbeit in der andern Welt.

In alter Zeit starb in Flehingen eine Wöchnerin mit ihrem neugebornen Kinde und dies wurde ihr in den Arm gelegt und ins Grab mitgegeben. Die zwei folgenden Nächte schwebte ihr Geist vor das Bett der Großmutter und bat, sie möge ihr Faden, Nadel, Scheere, Fingerhut, Wachs und Seife ins Grab geben, weil sie jenseits für ihr Kind noch nähen und waschen müsse. Die Großmutter erfüllte dieses Begehren, worauf der Geist sich nicht mehr sehen ließ.

Seitdem ist es zu Flehingen hie und da Sitte, den Wöchnerinnen, die mit ihren neugebornen Kindern sterben und begraben werden, die Dinge, welche jene Frau verlangt hat, mit ins Grab zu geben.

(Siehe Mone’s „Anzeiger etc.“ Jahrg. 1838. S. 473).


Schatz in Flehingen.

In einem Hausgarten zu Flehingen spuckte Nachts ein weißer Mann. Einst frug ihn der Eigenthümer des Hauses nach seinem Begehren, worauf der Geist erwiederte: „Ich muß wegen eines Schatzes umgehen, den ich bei meinen Lebzeiten hier an diesem Platze vergraben habe. Du kannst ihn heben und mich dadurch erlösen, mußt aber dann nach zehn Jahren sterben!“ – Weil der Hauseigenthümer schon ziemlich bejahrt war, trug er kein Bedenken, in einer bestimmten Nacht auf dem bezeichneten Platze zu graben. Er fand im Boden eine Backmulde voll Geld, die er mit Hülfe unsichtbarer Hände stillschweigend zu dem Fenster brachte, das aus der Stube in den Garten ging. Als er die Mulde zum Fenster hinein schob und seine Frau, welche drinnen harrte, das viele Geld erblickte, rief sie: „Gottlob! jetzt ist uns geholfen; nun können wir all’ unsre Schulden bezahlen!“ – Bei diesen Worten verschwand Mulde und Geld, und der Geist mußte nach wie vor im Garten umgehen.

(S. Mone’s „Anzeiger etc.“ Jahrg. 1838.)
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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_419.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)