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Deine weiche, warme Brust
Rühren sie zu süßen Klängen.

Selber können sie nicht künden,
Seit der Leib im Leichentuch,

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Ihren nächtlichen Besuch

Diesen treugeliebten Gründen.

Nun sie wieder müssen eilen
In das öde Schattenreich,
Rufest du so dringend weich

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Ihnen nach, sie möchten weilen. –


Blüthen seh ich niederschauern;
Die mein Kummer roh und kalt
Gegen ihre Schwestern schalt,
Jetzo muß ich sie bedauern;

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Denn mich dünkt, ihr schwellend Drängen

Ist der Sehnsucht Weiterziehn,
Mit den Blüthen, die dahin,
Um so bälder sich zu mengen.

Hat die leichten Blüthenflocken

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Hingeweht der Abendwind?

Ist des Frühlings zartes Kind
Ob dem Geisterzug erschrocken?

Nikolaus Lenau.


Neckarsage.
(Heidelberger Mundart.)

Wann d’je in der Ghannsnacht[1] fische fährscht
Uf de Neckar, in der dunkle Nacht, –
Wann d’im Schtrom um Hülf was rufe hörscht,
Junger, merk der’s un nemm dich in Acht!

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Un wann’s laut, wie wann Eener vertrinke will, –

Bleib schtill, um Goddes Wille! bleib schtill,


  1. Johannisnacht.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_479.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)