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Wo ist dein schönes Schwesterlein?“ –

„Mein Schwesterlein, die krigst du nicht,
Sie ist dir viel zu adelich,
Und du gehörst zur Küch’ hinein.“

„Warum sollt ich sie krigen nicht?

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Sie hat von mir ein Kindelein!“ –

„Hat sie von dir ein Kindelein,
Soll sie nicht mehr mein Schwester seyn!“

Er ließ sie geißeln drei ganze Tag,
Bis man ihr Lung’ un[d] Leber sah:

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„Hör’ auf, hör’ auf, es ist genung,

Es gehört dem König aus Engelland!“

„Gehört es dem König von Engelland,
So kostet’s mich mein ganzes Land,
Mein ganzes Land ist nicht genug,

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Mein Leben muß auch noch dazu.“


Es stund nicht länger als drei Tag an,
Da kam der König aus Engelland:
„Willkommen, willkommen Pfalzgraf am Rhein,
Wo ist, wo ist dein Schwesterlein?“

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„Mein Schwesterlein, die ist schon todt,

Sie liegt begraben röslinroth!“
„Liegt sie begraben röslinroth,
So mußt du leiden den bittern Tod!“

Selbst zog er sein schweres goldnes Schwert

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Und stach es dem Pfalzgrafen durch sein Herz;

„Hat sie müßen leiden den bittern Tod,
So mußt du leiden den Schmerz.“

Altes Volkslied.
Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 481. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_481.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2018)