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Doch, hilft mir Gott, so schwör’ ich, so wahr die Sterne sich drehn,

Daß ich Dich will noch einmal und herrlich wiedersehn;
Was noch im Bayernlande von kühnen Männern lebt,
Die biet’ ich auf zum Kampfe – was noch die Klinge hebt!

Und beim dreieinigen Gotte und meiner Ritterschaft!

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Den Vater will ich lösen aus seiner düstern Haft,

Und an demselben Tage, der seine Freiheit schaut,
Führ’ ich Dich heim nach Bayern als herzogliche Braut!“ –

Doch kaum hat er’s geschworen, faßt ihn der Pfalzgraf an,
Der leis herbeigeschlichen: „Halt ein, du stolzer Hahn!

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Nimm Deinen Eid zurücke, denn der wird nie vollbracht;

Folg’ mir, Du kecker Freier! – Du bist in meiner Macht!“


4.
Der Gefangene.

In hoher, enger Kammer, von Welfen streng bewacht,
Steht Ludwig, Bayerns Herzog, gefangen in der Schlacht,
Er sieht durchs Gitterfenster hinaus ins freie Land,

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Wie fühlt er sich gezogen von seiner Sehnsucht Band!:


„Wie frei die Lüfte sich regen, dort außen vor meiner Haft,
Wie frei die Aeste schwanken in reifend rüstiger Kraft!
Das Vögelein schlägt an’s Fenster, als neck’ es mich ob dem Bann,
Drinn ich hier muß verkümmern als ein geschlagener Mann!

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O Freiheit, süße Freiheit! Des Lebens bester Theil!

Du aller Wesen Sonne, Du aller Kräfte Heil!
Den Schwachen schaffst du zum Riesen, den Sterbenden gesund,
Und ich darf dein nicht genießen auf eignem Land und Grund!“

Inmitten seiner Klagen tritt stolz der Pfalzgraf ein

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Und ruft: „Verwegner Streiter! wer nennt die Pfalz setzt sein?

Du wolltest Alles mit rauben, was Gott mir zugetheilt;
O Ludwig, Bayernherzog, das war doch übereilt!

Empfohlene Zitierweise:
August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 489. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_489.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)