Seite:Badisches Sagenbuch II 562.jpg

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gebräunt; um die schön geformten Lippen lag aber ein Ausdruck von Bitterkeit, der nur zuweilen einem freundlichen, vertraueneinflößenden Lächeln wich.

Auf seinem Gange durch das Dorf schien der Fremde noch unentschlossen, wo er einkehren sollte, bis er endlich den Weg zu der Schenke einschlug, die das äußerste Haus des Dorfes war. Hier zog er seine Kaputze über den Kopf und trat in die Stube.

„Wollt Ihr einem Pilger eine Nachtherberge geben?“ – frug er den Wirth.

„Recht gerne, warum denn nicht?“ – erwiederte dieser freundlich und wies dem neuen Gaste einen Platz an dem Tische an, woran bereits der Schmied, der Wagner und der Fleischer des Dorfes bei einigen Kannen Bier saßen. Der Pilgrim zog es jedoch vor, sich an einem Nebentische niederzulassen und schien wenig Lust zu haben, an der Unterhaltung der Anderen Theil zu nehmen. Bald aber lenkte ihr Gespräch, welches sich über die morgen stattfindende Vermählung der Edelfrau von Angeloch verbreitete, seine volle Aufmerksamkeit auf sich. Wer ihn in diesem Augenblicke beobachtet hätte, müßte bemerkt haben, daß eine Leichenblässe sein Antlitz überzog und er am ganzen Körper zitterte, wie vom Fieberfroste gerüttelt. – „Die arme gnädige Frau!“ – rief der Wirth – „man raunt sich schreckliche Dinge ins Ohr über das Verhältniß des Ritters von Asbach zu ihr.“ – „Nein, man sagt’s ja laut und öffentlich“ — fiel der Schmied ein; „der schlimme Ritter hat ihr gedroht, ihre Kinder umbringen zu lassen, wenn sie nicht morgen freiwillig ihm ihre Hand vor dem Altare reiche.“

„Weiß man denn so gewiß, daß ihr Gemahl in Palästina den Tod gefunden?“ fragte jetzt der Pilger mit bebender Stimme.

Der Wirth erzählte den Bericht des Knechtes, welcher den Ring des Ritters von Angeloch als Wahrzeichen heimgebracht hatte.

„Der Knecht hat nicht gelogen;“ – versetzte der Pilger – „dessenungeachtet befindet sich aber der Ritter von Angeloch noch unter den Lebenden.“

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 562. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_562.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)