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Ein Acker ward bezeichnet zu dem Versammlungsort;
Als dort die Zwölfe standen, da fiel manch scharfes Wort,
Von Worten kam’s dann zum Dräuen, vom Dräuen kam’s zum Streit,

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Und bald flog, kampfgezücket, jed’ Messer aus der Scheid’,


Bald lagen Zehn am Boden im Blut, so jung, so roth,
Und bald umfing den Elften der Kämpfer auch der Tod,
Einer nur war noch übrig – als der auf die Leichen sah,
Da trat sein Schreckensschicksal ihm plötzlich grausig nah.

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Er weint: „O Herr im Himmel, was haben wir gethan!

Welch gräßlich Werk vollendet im wilden Liebeswahn!“
Und in sein pochendes Herz senkt er sich den rauchenden Stahl
Und folget seinen Gegnern in’s finstere Todesthal.

Die Jungfrau hört die Kunde – sie weinte und verschwand

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Von ihr im weiten Maingau nicht mehr die Spur sich fand.

Aber der Acker wo einstens der Zwölfe Blut trank der Grund,
Streitacker wird er noch heute genannt vom Volkesmund.

(Aus Dr. J. Günther’s „Großes poetisches Sagenbuch der Teutschen.“ Jena 1844. Ohne Namen des Verfassers.)


Der Freijäger.

Gegen Ende des vorigen Jahrhundert lebte auf dem Dörrhofe bei Rauenberg ein Jäger, der, weil er drei Freischüsse gethan, Alles was er wollte, schießen konnte. Die Freischüsse that er so, daß er auf ein Tuch kniete und das erstemal gegen die Sonne, das zweite Mal gegen den Mond, und das drittemal gegen Gott selbst schoß, wobei vom Himmel drei Blutstropfen auf das Tuch fielen. Nach seinem Tode ging er sogar am Tage im Walde beim Dörrhofe in seiner Jägerkleidung mit Gewehr und Jagdhund umher. Durch den Schieder (Marktschieder, Feldmesser) vom Laukenhof ward er in einen Sack beschworen, in die obere Klinge zwischen Grünenwörth und

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August Schnezler (Hrsg.): Badisches Sagen-Buch 2. Band. Kreuzbauer und Kasper, Karlsruhe 1846, Seite 640. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Badisches_Sagenbuch_II_640.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)