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Häuser, dort Gehöfte mit rotgedachten und weißgetünchten Gebäuden, während sich am Horizonte überall bewaldete Höhen hinzogen. Wie ein Silberband schlängelte sich die Abau, stellenweise romantische Uferpartien bildend, durch das Tal, um sich jenseit Kandau in nebelhafter Ferne zu verlieren. Drüben sah man die Ruine einer gewesenen, angeblich aus Herzog Jakobs[1] Zeiten stammenden Brennerei. Dort lag auch am Abauufer dem Städtchen gegenüber die Häusergruppe, welche Neu-Kandau genannt wird, von der über die mit vier stattlichen Bogen versehene Brücke der Weg in gerader Richtung nach Alt-Kandau herüberführte. — Die Espen rauschten im Winde, das Korn wogte hin und her, die Wolken wanderten am Himmel, die Schwalben flogen über dem Tale. Ruhe und Frieden lag über den lachenden, saatenreichen Fluren gebreitet. — Längs dem Rande eines kleinen, tiefen Seitentales ging es hinauf nach Amt-Kandau, von wo bald darauf zwei muntere Braune Herrn B., D. und mich zum zweiten Male den Weg nach Livenhof bei Zabeln führten. Hinter Kandau lag rechts am Wege ein riesiger Felsblock, der Königsstein, welcher der Sage nach vom Teufel hierhergetragen wurde.

Zabeln. Hinter dem Hohenbergschen Kruge näher­ten wir uns im Tale Zabeln, das, von den rot-goldenen Strahlen der untergehenden Sonne lieblich beschienen, am Fuße der Berge dalag. Rechts stand das stattliche Gemeindehaus am Wege. Dann ging es über gepflasterte, mit Juden angefüllte Straßen in das Städtchen hinein, dort nach rechts bergan und darauf nach Livenhof. — 18. Juli. Sonntag. Am Nachmittage zog ein Gewitter herauf. Dunkle, bläulich-graue Wolkenmassen näherten sich drohend unter Wetterleuchten, um bald die Anhöhe,

  1. Wenn man in Kurland reist, sieht man so recht, welch ein tätiger, unternehmender Geist dieser Herzog gewesen ist: obgleich schon über zweihundert Jahre seit seinem Tode verflossen sind, ruft uns doch noch so vieles seine Regierungszeit ins Gedächtnis.
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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/81&oldid=- (Version vom 13.12.2020)