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stehen blieb. Der Waldatebach stürzte dort, sich in zwei Arme teilend, gleichzeitig an zwei Stellen ungefähr 4 Fuß hinab. Überall war das Ufer mit dichtem Gebüsch bedeckt. Auf dem Grunde des untiefen Baches sah man reines Steingeröll, das von dem schnell dahineilenden, in der Tageshelle flimmernden Wasser beständig gewaschen wurde. Längs der kleinen Insel, die zu beiden Seiten vom Wasser umrauscht wurde, ging ich von unten nahe an den Fall heran. Dort machte er einen geradezu großartigen Eindruck. Unter betäubendem Rauschen stürzten die Wassermassen, zum Teil in feinen Staub zersprühend, den Felsenabsatz hinab, um beim Fallen auf vorragende Steine stoßend, in kristallene Strahlen zu zerspritzen und sich darauf unten schäumend von neuem in fließendes Wasser zu verwandeln. Oberhalb des Falles lagen im Bache zwei riesige Felsblöcke. Ringsum erblickte man eine reiche Pflanzenwelt: Vergißmeinnicht, rote Blumen, großblättrige Gewächse fielen uns in die Augen, und überall, in einer jeden Felsenritze, wo nur ein wenig Erdreich vorhanden war, hatten sich kleine Kolonien von üppig wuchernden Pflanzen eingenistet. Bei dem tosenden Falle waren im schattigen Gebüsche mit Bänken versehene Gänge angelegt worden. Von oben leuchtete das blaue, sich in der beweglichen, von Stein zu[WS 1] Stein springenden Flut spiegelnde Himmelslicht in die Schlucht herein. An die hohen, unten aus Sandstein, oben aus Kalkstein und Lehm bestehenden Felsenwände lehnten sich mächtige, die Flut überschattende Laubbäume. Eine alte, gleich den anderen Bäumen moosbedeckte Buche wurzelte in der Felsenwand und bog sich schräg über den Fall. In ihrer Krone war ein Balkon errichtet, den wir bestiegen. Durch das Laub hindurch sah man, wie die wirbelnde Flut sich überstürzend dahineilte und mehr nach vorne zu unter dem Blätter­dache der sich im Winde rauschend gegeneinanderneigenden Ufersträucher und Bäume verlor. Links erhob sich die hohe, steile

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: zn
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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/88&oldid=- (Version vom 13.12.2020)