Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 066.jpg

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jenseitigen Uferrand zieht sich langgestreckt Bieringen hin, auf der einen Seite von seiner stattlichen Brücke, auf der andern von der hübschen Kirche und dem prächtigen Pfarrsitz, dem alten Abteischlößchen, flankirt und durch den Erlenbach in 2 Theile getheilt. Wir folgen dem aus dem badischen Bauland hervorkommenden Erlenbach in sein einsames Thälchen aufwärts. Es scheint nichts als steile Weiden und Grashalden zu bieten bis zur Ziegelhütte und dem drüber liegenden Hof Weltersberg. Aber bald wird der Charakter des Thales anders. Der herrliche Eichen- und Buchenwald steigt herab bis zur Thalsohle, das munter rauschende Bächlein umsäumt von Erlen und saftigen Wiesen, heilige Stille ringsum, nur da und dort das heisere Gekrächze des Fischreihers, dem der Bach reiche Nahrung bietet, über uns zur Linken durch dichten Wald versteckt noch ein Stück Mittelalter, ein Stockwerk des alten Burgstalls Urhausen – und aus der deutschen Urzeit ein mächtiger Ringwall – so ist dieses Thal ein nicht gekanntes Idyll, für Poeten, die unentweihte Stille, Waldesgrün, rauschendes Wasser und stumme Zeugen einer entschwundenen Zeit lieben, wie geschaffen. Kaum aus dem Walde getreten, sehen wir zur Rechten über uns das gräflich v. Zeppelinsche Schloß Aschhausen, einst Ruhesitz der letzten Prälaten von Schönthal mit seinem alten Bergfried, dem letzten Reste einer Zeit, da Aschhausen als Raubnest weithin in deutschen Gauen berüchtigt war. Gerade aus liegt vor uns das Dörflein Aschhausen, reizend an den Thalhängen und im Erlenbachthal gruppirt, über dessen Bergrand die Kirche mit dem Gottesacker steht, der uns einen lohnenden Blick auf das gegenüberliegende Schloß und Thal gewährt. Nach einstündiger Wanderung auf einförmiger welliger Hochebene, die ganz den Charakter des badischen Baulandes trägt, gelangen wir an das die Hochebene tief durchfurchende Thal der Kessach, die gleich dem Erlenbach, der Seckach und Schefflenz tief aus dem Odenwald herkommt und in die Jagst bei Widdern einmündet. Langgestreckt liegt im Thal das Pfarrdorf Oberkessach, das in allen Stücken den Charakter des württembergischen Unterlands und der Pfalz an sich trägt, während auf dem Kamm der jenseitigen Hochebene die beiden freigelegenen Höfe Weigenthal und Hopfengarten sichtbar werden, die einzigen Stätten des Bezirks, die einst auf dem limes transrhenanus ein Römerfuß betrat.

Scharf nach Süden umbiegend gelangen wir in waldreicher Umgebung zu dem Weiler und alten Edelsitz Rossach und dann

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 066. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_066.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)