Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 297.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

fraischliche Obrigkeit gemeinsam sei, soll, wenn Strafen an Leib und Leben in Geld verwandelt werden, dieses in gleichen Theil an die 4 Dorfherren vertheilt werden.

Alle Kaufkontrakte und andere Verträge müssen nach der Instruktion des Schultheißen von 1659 vom Gerichtsschreiber protokollirt und dem Lehnsherrn eine Abschrift gegeben werden. Bei Verkäufen haben die Verwandten bis ins vierte Glied ein Losungsrecht (1571). Das Losungsrecht erlischt binnen Monatsfrist. Ei gilt nur bei Immobilien, nicht bei fahrender Habe und Vieh. Nachbarn haben kein Losungsrecht (Statuten v. 1578). Weinkauf wird von 100 fl. 1 fl., von 50 fl. 1 Orth gegeben.

Bei der Heirat ist vor der Proklamation ein Ehekontrakt schriftlich aufzusetzen (ib.). Wenn kein anderer Vertrag vorliegt, gilt Vermögens- und Errungenschaftsgemeinschaft, wovon der Mann 2/3, die Frau 1/3 anzusprechen hat (1678). Unmündigen werden 2 Vormünder bestellt. Haben sie einen Leibherren, so bestellt dieser den einen Vormünder, den andern die Freundschaft (Statuten v. 1578).

Vormundschaftsrechnungen werden alle Vierteljahre vom Schultheißen eingefordert (1590) und den Ganerben zur Abhör vorgelegt. Alle Zehrungen bei der Abhör werden abgestellt (1618). Es darf nur 1 fl. angerechnet werden, davon erhält der Schulmeister 10 kr., wenn die Rechnung unter 100 fl., der Gerichtsschreiber 10 kr., sonst 1 Orth. Geringe Rechnungen werden nur alle 3–4 Jahre abgehört. 1678 wurde die Abhör dieser Rechnungen Schultheiß und Gericht übertragen, Klagen gehen ans Amt.

Für das Erbrecht ist ein Fall von 1610 bemerkenswerth, wornach einem Vater gestattet wird, seinen Sohn zu enterben, weil er ein Wiedertäufer ist. Nach den Statuten des Dorfes Künzelsau 1578 erben Kindeskinder wie rechte Kinder und Geschwisterkinder wie rechte Geschwister. Kinder werden beerbt 1. von den Eltern, 2. den Geschwistern, 3. den Großeltern, 4. Blutsfreundschaft. Wenn Halbgeschwister da sind, haben die Vollgeschwister eins voraus. Bei Theilungen muß der Schultheiß mit 2 vom Gericht anwohnen. Bei Testamenten sind die Richter Zeugen.

Bei Schuldklagen kann der Beklagte nach der Ordnung von 1499 vor Gericht ein Pfand deponiren und erhält dann Frist auf 14 Tage. Geht er am 15. Tag zum Thor hinaus, so hat der Kläger Schaden. Daher wird verlangt, daß der Kläger von der Habe befriedigt werde. Um Pfändungen zu erschweren, muß der Kläger die Pfandobjekte selbst auf den Markt tragen oder durch den Büttel herbeitragen lassen. Wer aus ein Pfandobjekt schlagen will, muß es selbst ausrufen; will er den Büttel dazu benützen, so muß er ihm von jedem Stück 1 Maas Wein zahlen (K. Pfandordnung). 1588 wird der Burgmüller wegen unredlichen Schuldenmachens ins Gefängnis gelegt.

1572 ist der 14tägige Zahlungstermin noch in Übung. Nach Ablauf desselben tritt Haft ein. In Schuldsachen und bei Ausschätzungen (Gant) werden 1572 befriedigt 1. Herrendiener, 2. der Baumeister, 3. die Einwohner des Fleckens, 4. die Auswärtigen und zwar zuerst die Unterthanen der Ganerben, dann die Nürnberger und sonstige Auswärtige (1590).

Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_297.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)