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ist uns durch zwei Zeugen aufbewahrt. 1) Der Codex Coislinianus 305 (Saec. X oder XI) der Chronik des Georgios Hamartolos berichtet, nachdem er die Rückkehr des Johannes aus der Verbannung unter Nerva erzählt hat: καὶ συγγραψάμενος τὸ κατ᾿ αὐτὸν εὐαγγέλιον μαρτυρίου κατηξίωται. Παπίας γὰρ ὁ ῾Ιεραπόλεως ἐπίσκοπος, αὐτόπτης τούτου γενόμενος, ἐν τῷ δευτέρῳ λόγῳ τῶν κυριακῶν λογίων φάσκει, ὅτι ὑπὸ ᾿Ιουδαίων ἀνῃρέθη. Es folgt ein Verweis auf Mrk 10,38 und auf die Bezeugung des Martyriums durch Origenes (in Matth. XVI, 6). 2) Ein Epitomator (600—800) der Χριστιανικὴ ἱστορία des Philippus von Sides (430) bringt unter einer Reihe echter Papiasfragmente die Notiz: Παπίας ἐν τῷ δευτέρῳ λόγῳ λέγει, ὅτι ᾿Ιωάννης ὁ θεολόγος καὶ ᾿Ιάκωβος ὁ ἀδελφὸς αὐτοῦ ὑπὸ ᾿Ιουδαίων ἀνῃρέθησαν. (cf. de Boor, Texte u. Untersuch. V 2. 170ff.). Wie auch das gegenseitige Verhältnis dieser Notizen beschaffen sein mag, so steht doch fest, daß die Überlieferung des Papiaszeugnisses sich bis auf Philippus Sidetes zurückverfolgen läßt. Und da es in dem Exzerpt aus Philippus Sidetes zusammen mit einer Reihe anerkannt echter Papiasfragmente steht, so wird an seiner Echtheit kaum noch gezweifelt werden können[1]. Freilich steht der Wortlaut des Zitates nicht ganz sicher. Aber wir können doch mit dem größten Grade von Wahrscheinlichkeit feststellen, daß in dem Fragment ursprünglich die beiden Brüder Johannes und Jakobus neben einander genannt wurden. In der Handschrift der Chronik des Georgios, in der Jakobus nicht erwähnt wurde, liegt überhaupt kein wörtliches Zitat vor, und da in dem ganzen Zusammenhang nur von Johannes die Rede war, so erklärt sich die Nichterwähnung des einen Bruders in völlig ausreichender Weise. Umgekehrt ist aller Wahrscheinlichkeit nach in dem Philippus-Sidetes-Fragment das „ὁ θεολόγος“ entweder von Philippus oder von seinem Exzerptor interpoliert. Wir haben also anzunehmen, daß die Notiz: „Johannes und Jakobus wurden von den Juden getötet“ tatsächlich in Papias Werk gestanden habe[2]. — Das Papiaszeugnis bekommt aber noch ein besondres Gewicht, wenn wir es im Zusammenhang mit der bekannten Weissagung des Herrn Mrk 10,39 betrachten. Wenn Jesus nach Mrk hier den beiden Zebedaiden weissagt: τὸ ποτήριον ὃ ἐγὼ πίνω πίεσθε, καὶ τὸ βάπτισμα ὃ ἐγὼ βαπτίζομαι βαπτισθήσεσθε, so kann man sich kaum denken, daß Mrk diesen Wortlaut der Weissagung Jesu überliefert hätte, wenn er nicht bereits, als er sein Evangelium schrieb, auf das


  1. So zweifeln auch weder Harnack noch Zahn (a. a. O.), obwohl sie von dem in ihm enthaltenen Zeugnis über den Tod des Zebedaiden nichts wissen wollen, nicht mehr an der Echtheit des Fragmentes, sondern nur an der Genauigkeit der Überlieferung.
  2. Lightfoots selbst von Harnack S. 666 angenommene Konjektur, daß in dem Papiaszeugnis etwa gestanden habe: ὅτι ᾿Ιωάννης [μὲν ὑπὸ τοῦ τῶν Ρωμαίων βασιλέως κατεδικάσθη εἰς Πάτμον, ᾿Ιάκωβος δὲ] ὑπὸ ᾿Ιουδαίων ἀνῃρέθη, und Zahns Vermutung, daß hier nicht der Zebedaide, sondern der Täufer Johannes gemeint sei, halte ich für undiskutierbare Vergewaltigungen des Textes. Wenn Harnack gegen den überlieferten Wortlaut des Papiaszeugnisses das Stillschweigen des Irenäus und Eusebius anführt, so ist demgegenüber zu sagen, daß die Notiz bei Papias ungemein kurz und unscheinbar auftritt und wohl, zumal sie gar nicht zu den überlieferten Vorstellungen paßte, leicht überlesen oder umgedeutet werden konnte.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 036. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S036.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)