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hier zwei Personen mit Namen Johannes genannt werden: der Apostel Johannes und der, den er im besondern Sinne den Presbyter nennt. 2) Während Papias vom Apostel Johannes ganz en passant und ohne irgend welches besondere Interesse redet, führt er den Presbyter Johannes in ganz besondrer Weise, die auf ein näheres Verhältnis zu ihm hindeutet, ein. 3) Wenn freilich Eusebius den Papias zu einem direkten Schüler des Johannes macht (III, 39,7), so wird diese Meinung sich gegenüber dem direkten Zeugnis des Papias nicht halten lassen. 4) Welches aber auch immer das Verhältnis des Papias zu dem Presbyter Johannes gewesen sein mag — ich nehme an, daß er nur durch ein Mittelglied von ihm getrennt war — jedenfalls war der Presbyter Johannes dem Papias (neben Aristion) indirekt der Hauptgewährsmann der von ihm benutzten mündlichen Überlieferung. Eus. III, 39,7: ὀνομαστὶ γοῦν πολλάκις αὐτῶν μνημονεύσας ἐν τοῖς αὐτοῦ συγγράμμασιν τίθησιν αὐτῶν παραδόσεις. III 39,14: καὶ ἄλλας δὲ τῇ ἰδίᾳ γραφῇ παραδίδωσιν Ἀριστίωνος τοῦ πρόσθεν δεδηλωμένου τῶν τοῦ κυρίου λόγων διηγήσεις καὶ τοῦ πρεσβυτέρου Ἰωάννου παραδόσεις[1]. 5) Wir werden deshalb auch Wert darauf legen, daß Papias die Apostel mit einem τί εἶπον den Aristion und den Presbyter Johannes mit einem ἅ τε ... λέγουσιν einführt, und aus dem Wechsel der Tempora schließen dürfen, daß der Presbyter ein älterer Zeitgenosse des Papias gewesen sei, daß er wenigstens noch lebte, als Papias seine Traditionen, die er in seinem Werke verwertete, sammelte. Es ist auch zum mindesten nicht unwahrscheinlich, daß der Presbyter, der Hauptzeuge des Papias von Hierapolis, in dessen örtlicher Nähe gelebt haben mag. 6) Als die Abfassungszeit des Werkes des Papias werden wir etwa die ersten beiden (drei?) Dezennien des zweiten Jahrhunderts ansetzen dürfen. Denn da Papias die Notizen zu seinem Werk noch zu Lebzeiten des Presbyters sammelte (also spätestens ca. 100), so werden wir mit der endgültigen Abfassung des Werkes nicht gut über 120-125 hinuntergehen dürfen. Andrerseits muß einige Zeit zwischen Sammlung und Abfassung des Werkes verstrichen sein (Eus. III, 39,3)[2]. 7) Wenn Papias den Aristion und den Presbyter Johannes als οἱ τοῦ κυρίου μαθηταί bezeichnet, so muß diese Wendung wahrscheinlich in dem allgemeineren Sinn verstanden


  1. Es kann m. E. auch nach diesen Aussagen des Papias kein Zweifel sein, daß der als Gewährsmann der Beurteilung des Markusevangeliums zitierte ὁ πρεσβύτερος III 39,15 kein anderer als der Presbyter Johannes ist. Wenn Eusebius auch vorher nach Erwähnung der von Papias zitierten διηγήσεις des Aristion und der παραδόσεις des Presbyter Johannes fortfährt: ἐφ' ἃς τοὺς φιλομαθεῖς ἀναπέμψαντες ἀναγκαίως νῦν προσθήσομεν ταῖς προεκτεθείσαις αὐτοῦ φωναῖς παράδοσιν, ἣν περὶ Μάρκου ... ἐκ τέθειται διὰ τούτων, so sagt er damit nicht notwendig, daß Papias diese παράδοσις nicht aus den παραδόσεις des Johannes geschöpft habe; er will vielmehr nur sagen, daß während er im übrigen auf das Buch des Papias selbst verweise, er mit dieser einen παράδοσις eine Ausnahme mache.
  2. Harnack, Chronologie S. 356ff. setzt die Zeit des Papias auf 140-160 an. H. beruft sich für diesen Ansatz darauf, daß unter den durch Philippus Sidetes erhaltenen Papias-Sätzen sich auch die Bemerkung findet, daß die Toten, die Christus auferweckt, bis Hadrian lebten. Ich habe nachzuweisen versucht, daß dieses Fragment nicht aus Papias, sondern aus der Apologie des Quadratus stamme. Theol. Rundschau VIII 236f.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 039. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S039.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)