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und variierenden Nachrichten über ein — allerdings niemals zum Tode führendes — Martyrium des Apostels Johannes. Nach der alten Überlieferung war der Apostel Johannes Märtyrer in Jerusalem; ebenso bestimmt haftete an der Person des kleinasiatischen Johannes die Überlieferung, daß er nicht Märtyrer geworden sei. Wenn nun doch von dem Kleinasiaten später in dieser oder jener Weise ein Martyrium behauptet wird, so darf man schließen, daß bei der Identifikation des Kleinasiaten mit dem Apostel nun auch die alte Überlieferung von dem Martyrium des Apostels in irgendeiner Weise auf den Kleinasiaten übertragen wurde. Es ist nicht unmöglich, daß auf diese Weise erst die Tradition vom Pathmosexil des kleinasiatischen Johannes entstanden ist. Um diesen doch auf irgend eine Weise zum Märtyrer zu machen, las man aus Apk 1,9 ein Pathmosexil des Verfassers heraus, obwohl die Stelle keineswegs mit Notwendigkeit in dieser Weise verstanden werden muß. Beweis für diese Vermutung ist die Unsicherheit und das verhältnismäßig späte Auftreten dieser Tradition.

Irenäus weiß nichts von einem Pathmosexil. Auch in den alten leuzianischen Apostelakten hat vielleicht noch nichts von einem solchen Exil gestanden (vgl. Hennecke neutest. Apokryphen 428, anders urteilt Zahn Acta Johannis CXXIV.) Endlich schweigt auch der von Corßen behandelte alte Prolog zum vierten Evangelium (monarchianische Prologe 7). Es scheint ferner, als wenn sich die Tradition vom Pathmosexil zunächst ohne Anhalt in der Tradition eben aus Apk 1,9 entwickelt hat, und dann erst später mit der Notiz des Irenäus (s. o. S. 42) zu der Behauptung des Pathmosexil unter Domitian verbunden habe. Die ältesten Zeugnisse für das Exil haben keine bestimmte Zeitangabe und sprechen nur von einem Tyrannen, einem βασιλεύς, der den Johannes verbannt habe: Clemens Alexandrinus quis div. salv. 42; Origenes in Matth. 20,22 Tom XVI 6; vgl. Hippolyt de antichr. 36. — Die Notiz vom Pathmosexil unter Domitian hat erst verhältnismäßig späte Zeugen: Victorin in seinem Kommentar zu Apk 10,11; Eusebius H. E. III 18,1-3 (vgl. 20,9; 23,1) und in der Chronik, wo er die Notiz über das Pathmosexil (und die Apk) zum Jahre 2110 (14 Jahr des Domitian) bringt (ed. Schoene II 160-161); Hieronymus, de viris illustr. c. 9; c. Jovinian I 26; Sulpicius Severus, Chronicon II 31 etc. — vgl. noch die „Historia scholastica“ in der Rekonstruktion Corßens (monarchianische Prologe 9). Neben der Tradition vom Pathmosexil steht außerdem eine ganz andersartige Tradition von einem Ölmartyrium in Rom, eine Legende, die offenbar in Mark 10,39, wie die noch spätere vom „Giftbecher“ (vgl. Zahn acta Johannis CXVII) ihren Ursprung hat, und die freilich von Anfang an mit der Tradition von der Verbannung auf eine Insel verbunden ist: Tertullian de praescr. Haeretic. 36: (Roma) ubi apostolus Joannes, posteaquam in oleum igneum demersus, nihil passus est, in insulam relegatur. Daß dieses Martyrium unter Nero stattgefunden, hat bereits Hieronymus adv. Jovinian I 26 (II 16) aus Tertullian herausgelesen. Von da aus erklärt sich die Notiz der „syrischen Geschichte des Johannes“ (Wright, act apost. Syr. I 60f.), daß Johannes von Nero auf eine Insel verbannt und wieder

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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 047. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S047.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)