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den höchstens noch 200 Jahre[1] bis dahin vergehen. Das Ende wird mit dem Verfall des Römerreiches beginnen. Zehn Könige werden am Ende herrschen. Ein König von Norden wird[2] sich erheben, der drei Könige in Asien besiegen wird[3], danach werden die Vorzeichen der letzten Dinge eintreten. Dann wird ein Prophet (VII 17) auftreten, der in Anlehnung an Apk XI geschildert wird. Danach wird ein zweiter Herrscher kommen — alter rex orietur ex Syria — und wird jenen ersten besiegen und vernichten, aber auch den Propheten töten. Dieser letztere tritt dann als Antichrist auf und beansprucht göttliche Ehre: jubet ignem descendere de coelo et solem a suis cursibus stare et imaginem loqui. Seltsam jüdisch klingt die weitere Schilderung: tum eruere templum Dei conabitur et iustum populum persequetur. Die Gläubigen werden auf die Berge flüchten und der König sie verfolgen, bis der von Gott gesandte Messias in vierfacher Schlacht den Antichrist besiegen wird. — Bei Lactanz kann man, wie gesagt, eigentlich nur von einer phantastischen Weiterbildung apokalyptischer Hoffnung und nicht mehr von einer Auslegung der Apk. reden. [Zum Verständnis der Lactanzweissagung vgl. Buttenwieser, d. hebräische Eliasapokalypse 1897, 80-82.]

3. Der Kommentar des Ticonius. — Augustin und Hieronymus.

Eine ganz neue Wendung nimmt dann die Auslegung der Apk in der lateinischen Kirche durch die Arbeiten des Donatisten Ticonius[4]. Leider ist sein Kommentar uns verloren gegangen. Hauptquelle für denselben ist der Kommentar des spanischen Presbyters Beatus (s. u.), der den Ticonius, wie Haußleiter nachgewiesen hat, mit unschätzbarer Treue ausschreibt[5]. Dies Urteil bleibt auch bestehen, nachdem neuerdings im Spicilegium Casinense Band III 1 „Tyconii Afri fragmenta Commentarii in Apocalypsin ex codice Taurinensi“ veröffentlicht sind. Auch in diesen Fragmenten (zu Apk 2,18-4,1 und 7,16-12,6) liegt nicht der echte Ticonius vor. Sie sind zwar auf Grund der genuinen Werke des Tic. angefertigt und nur auf Grund


  1. Er nimmt also wie Hippolyt für die Geburt Jesu das Jahr 5500 an und rechnet von da 500 Jahre bis zum Weltende.
  2. „Tum repente adversu eos hostis potentissimus ab extremis finibus plagae septentrionalis orietur“ (VII 16).
  3. Auch von ihm wird, wie von dem Nero redivivus bei Victorin eine Namensänderung vorgenommen.
  4. S. Haußleiter a. a. O. 239ff.
  5. Beatus gibt uns (vgl. die sehr seltene Ausgabe von Florez, Madrid 1770 p. 1) glücklicherweise selbst seine Quellen an, die er ausschreibt (s. u.), unter diesen den Ticonius. Da Beatus sehr wenig Eigenes hinzugetan hat, so kommt es nur darauf an, alle Entlehnungen aus den übrigen Quellen, die uns sämtlich zugänglich sind, zu konstatieren und von Beatus abzuziehen. Der übrig bleibende Rest wäre dann der Kommentar des Ticonius. Eine von mir angefertigte Übersicht der Entlehnungen des Beatus aus andern Quellen findet sich bei T. Hahn, Tyconiusstudien 1900 (Stud. z. Gesch. d. Theol. u. Kirche von Bonwetsch und Seeberg VI 2) S. 10f. Ich bemerke, daß diese Übersicht keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Ein vortreffliches Verzeichnis der Beatusstellen, die mit Wahrscheinlichkeit auf Tic. zurückzuführen sind, gibt Hahn S. 11f.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 056. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S056.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)