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der Türke einbrechen. — Der ausführlichere Kommentar des Artopoeus (Basel 1536 nach Walch 760) ist mir unzugänglich.

Bullinger zeigt in seinen Predigten (1557, über die Ausgaben des Buches vgl. Lücke 1016) über die Apk eine außerordentlich reiche Belesenheit, namentlich auch in der älteren Literatur. Wir finden Justin, Irenäus, Tertullian, Lactanz zitiert. Vor allem ist zu bemerken, daß er auch den Kommentar des Arethas kannte. B. kennt ferner den Kommentar des Victorin und weist dessen Nerodeutung ab. Er schließt sich in den ersten Partieen der Apk in der Deutung durchweg an Luther an. Nur deutet er den Engel Apk 10 nicht auf das Papsttum und findet dieses bereits in der fünften Posaune, und an diesen Punkten sind ihm, wie wir sahen, alle Lutheraner gefolgt. In der Auslegung von Apk 12. 13 und 17 aber folgt B. dem Bibliander (bis auf die Deutung der Zahl 666, auf die Zeit von 97-763, der Zeit der Entstehung der Papstherrschaft).

Franc. Junius, Apoc. Joannus illustrata. Heidelb. 1591 (auch in den Opera theologica Genev. 1613), scheint in der Deutung von Apk 12. 13. 17 dem Bullinger zu folgen. Die Todeswunde, die das Tier Apk 13 erhält, bezieht er allerdings auf das Papsttum, nicht auf das Römerreich. Die 5. und 6. Posaune, die nach ihm beide in die Zeit des Papsttums fallen, setzt er um 150 Jahre aus einander (1075 Gregor VII. - 1217 Gregor IX.), Apk 11 findet er die Ereignisse unter Bonifacius VIII. (35 + 1260 = 1295), das tausendjährige Reich berechnet er bis auf die Zeit Gregors VII.

Ein ganz merkwürdiger Kommentar endlich ist der von Petrus Caponsacchius de Pantaneto Arretinus (in Joannis apocal. obeservatio ad Selimum II. Turcarum imperatorem. Flor 1572. C. bringt nämlich bis zum 11. Kap. eine durchaus historisierende Deutung auf die Katastrophe der Zerstörung von Jerusalem. Der fallende Stern der fünften Posaune ist der große Komet, der damals am Himmel gesehen wurde. In Kap. 11 sind die beiden Zeugen die Hohenpriester Jesus und Ananus. Das Erdbeben bedeutet das Eindringen der Idumäer in die Stadt. Bei der siebenten Posaune tritt die Zerstörung Jerusalems ein. — Ebenso aber ist vom 12. Kap. alles auf die Eroberung Kleinasiens und die Vernichtung des dortigen Christentums durch die Muhamedaner und Türken bezogen. Capons. scheint also bei diesen Deutungen, da er die Weissagung wesentlich auf Kleinasien beschränkt, den Versuch gemacht zu haben, die Art der Weissagung sich psychologisch verständlich zu machen. Schließlich läuft das ganze in eine Prophetie wider die Türken aus, deren Sturz C. voraussieht. Dann soll die Ruhe des tausendjährigen Reiches eintreten. — Bemerkenswert ist, daß C. überall zur Deutung der Apk das vierte Esrabuch heranzieht.

Überschauen wir diese protestantischen Auslegungen Deutschlands und der Schweiz, so sind ihnen allen zwei Merkmale gemein. Einmal folgen sie alle dem weltgeschichtlichen Schema der Auslegung, wie dieses etwa mit Nicolaus von Lyra begonnen ist. Dann aber sind sie alle — abgesehen etwa von Bibliander und seinen Nachfolgern — einig in der antipapistischen Deutung der Apk. Hier wirkt die schwärmerische enthusiastische Auffassung des Buches, wie sie mit Joachim und den spirituellen Franziskanern begann, mächtig weiter. Freilich büßte diese Auffassung, in dem Maß als die evangelischen Kirchen sich konsolidierten, an wirklichem Stimmungsgehalt viel ein; was übrig blieb, war nicht mehr als eine abstrakte dogmatische Behauptung, ein besonders beliebtes Waffenstück protestantischer Polemik[1]. — Im einzelnen


  1. Welchen Scharfsinn und Eifer man auf die Aufrechterhaltung dieser Deutung WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt verwandte, zeigt das zweibändige Werk von J. H. Heidegger, Mysterium Babylonis magnae. Lugd. Bat. 1687 (I. II 552 u. 832 Seiten Auslegung von Kap. 17-18 der Apk!).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 088. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S088.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)