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zuzugeben. Und dabei arbeiten sie mit einer umfassenden Gelehrsamkeit, mit einer Kenntnis der Kirchenväter und der Geschichte der Auslegung der Apk, daß ihre Werke noch immer nicht veraltet sind.

Gleich bei Ribeira[1] verändert sich die Art der Auslegung der Apk völlig. Voran steht bereits eine „Einleitung“. Das erste Siegel handelt nach ihm von der Apostel Predigt, das zweite von der Neronischen Verfolgung, das dritte von den falschen Aposteln[2], das vierte (und fünfte) wird auf die zur Zeit Trajans kurz vor oder nach dem Tode des Johannes eingetretene Verfolgung bezogen. Beim sechsten Siegel aber geht der Apokalyptiker nach R. zur Beschreibung der letzten Zeit über (vgl. Victorin). Und dann — das ist nun das wesentliche — wird der Gesichtspunkt konsequent festgehalten, daß der Seher nur Dinge der letzten, (auch für Ribeira) noch zukünftigen Zeit sieht. Der Apokalyptiker weissagt nach Ribeira also nur von seiner eignen und der letzten Zeit. Im folgenden finden wir so die alten Deutungen der Kirchenväter wieder: Elias und Henoch, die Abstammung des Antichrist aus dem Stamme Dan, die alten von Irenäus-Hippolyt stammenden Kombinationen aus Dan und Apk hinsichtlich der Gestalt des Antichrist, die durchaus — freilich wohl auch im antiprotestantischen Interesse — als Erscheinung der Endzeit verstanden wird[3]. Die Deutung des Victorin auf Nero wird scharf abgewiesen. Die Todeswunde des Tieres bedeutet die Nachäffung des Todes und der Auferstehung Christi von Seiten des Antichrist (vgl. Bousset, Antichrist S. 119). Babel ist Rom, freilich das alte Rom, aber R. erwartet doch für das Ende die Zerstörung des dann wieder in Sünden verfallenen Roms, das für die Sünden der Vorfahren bestraft werden wird. R. teilt die Apk in Kap. 1-11, das Siegelbuch, (calamitates continet, quae usque regnum Antichristi futurae sunt) und Kap. 12 bis zum Ende (regnum Antichristi et persecutionem illius temporis)[4].

Dem Ribeira folgte sein Ordensgenosse Blasius Viega[5]. Der Kommentar hat einen umfassenden gelehrten Apparat. Es ist noch jetzt jedem Ausleger der Apk zu empfehlen, an den wichtigeren Stellen der Apk seine Nachweise aus den Kirchenvätern einzusehen. In der Auslegung ist er mehr Eklektiker, folgt erst dem Lyra, dann der gebräuchlichen Auslegung (bei der Deutung der Posaunen). Von Kap. 11 an ist der Einfluß Ribeiras


  1. Cornelius a Lapide sagt von Ribeira, daß er dem Andreas von Caesarea folge. Das ist insofern richtig, als er die Auslegung des A. verbindet mit der von diesem zitierten älteren Auslegung, der er die Deutung der ersten Siegel entnahm (s. o. S. 63,2).
  2. Die Beziehungen zu der gebräuchlichen Auslegung der alten Kirche sind bis hierher deutlich.
  3. Damit hängt zusammen, daß die 3½ Jahre, 42 Monate, 1260 Tage wieder einfach wörtlich verstanden werden, und alle Spielerei hier aufhört.
  4. Den Anregungen Ribeiras folgt Bellarmin (1621 †) im entschieden polemischen Interesse in: de summo pontifice liber tertius (de antichristo). Er weist hier besonders im Anschluß an die alte Tradition vom Antichrist nach, daß dieser noch kommen werde, aus dem Stamme Dan sei, seinen Sitz in Jerusalem habe etc.
  5. J. B. Viegas, in apoc. J. apost. commentarii exegetici Colon. Agripp. 1613. (Walch 738 zitiert als erste Ausgabe Eborae 1601.)
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 092. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S092.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)