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Jo. Pricaeus, commentarius in varios NT. libros Londini 1660; Jacobus Capellus, observationes in NT. Amsterdam 1667.

Der Lauf der exegetischen Wissenschaft war ein merkwürdiger. Von den Jesuiten geht dieselbe hinüber zu der freier gerichteten protestantischen Theologie des 17. Jahrh. Diese übernimmt die Geistesarbeit jener und führt sie weiter fort. So wenigstens verhält sich die Sachlage in der Geschichte der Auslegung der Apk.

Hugo Grotius[1] verdankt ungefähr alles, was er in seiner Auslegung der Apk vorträgt, abgesehen von einzelnen sprachlichen und grammatischen Bemerkungen, dem Alcasar. Ihm entlehnt er den Hauptgedanken, daß es sich Apk 1-11 um das Gericht über das Judentum, 12-19 um dasjenige über das Heidentum handle, und Kap. 20 der Zustand der Kirche seit Constantin beschrieben werde. Die klare Auslegung des Alcasar hat er durch hinzugefügte Einzelausdeutungen sogar wieder verschlechtert. Er bezieht Kap. 11 auf die Barkochba-Zeit und deutet von Kap. 14 an wie Alcasar im alten weltgeschichtlichen Stil, nur daß Alcasars Deutung im ganzen auf einen engeren Raum beschränkt bleibt. G. versucht sich bereits in einer Reihe zeitgeschichtlicher Deutungen. Kap. 12A findet er Simon Magus, 12B die neronische Verfolgung; die sieben Häupter sind die römischen Kaiser von Claudius an, die Heilung der Todeswunde bedeutet die Herstellung des Reiches durch Vespasian. In 13B findet er Magier geweissagt, besonders den Apollonius von Tyana (666 = Οὔλπιος). Dann geht die zeitgeschichtliche Ausdeutung allmählich in die weltgeschichtliche über. In den Schalen findet Grotius die einzelnen Kämpfe zwischen Constantin und seinen Gegnern geweissagt, Apk 19,11ff. sogar den Sieg der Perser über Julian. Da es ihm unwahrscheinlich erschien, daß in der Apk Vergangenes prophezeit sei, so begann er zuerst die Literarkritik an der Apk. Er nahm an, daß Johannes eine Reihe einzelner Offenbarungen zu verschiedenen Zeiten empfangen habe. Die frühesten Weissagungen setzt er unter Claudius an, indem er der Notiz des Epiphanius über das Patmosexil des Apostels folgte. Dahin gehören alle Weissagungen über Jerusalem. Die späteren Weissagungen aber schrieb er unter Vespasian nach Apk 17,10[2]. Wenn daher Dorotheus die Apk auf Patmos, Eusebius dieselbe in Ephesus geschrieben sein lassen, so hätten beide Recht. Ein entschiedenes Verdienst hat sich endlich Grotius dadurch erworben, daß er mit der allmählich zum Unfug ausartenden antipapistischen Ausdeutung der Apk energisch ins Gericht ging.

Dem Grotius folgte auf Schritt und Tritt der Engländer Hammond[3]. In seiner Einleitung polemisiert dieser ausführlich gegen Brightmann. Auch er erklärt sich für die kritischen Aufstellungen des Grotius und stellte sie in der Einleitung zusammenhängend dar. Danach sind Kap. 1-11 auf Patmos


  1. Erste Ausgabe der adnotationes ad NT. Paris 1644.
  2. Vgl. G.s Bemerkungen zu 1,9; 4,1; 11,19; 14,1; 17,10.
  3. Henrici Hammondi parapharase a. annotation upon all the books of the N. Test. 1653.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 098. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S098.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)