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soll, genauer untersucht: die eschatologische Tradition vom Antichrist. Das teilweise Recht der zeitgeschichtlichen Erklärung wird Gunkel gegenüber, namentlich hinsichtlich der Deutung der Zahl 666 auf Nero, betont. Die traditionsgeschichtliche und religionsgeschichtliche Betrachtungsweise soll nicht an Stelle, sondern neben die zeitgeschichtliche und literarkritische Methode treten.

Ich habe dann in meiner ersten Bearbeitung dieses Kommentars Gunkels Forschungsmethode – allerdings unter teilweiser Ablehnung im einzelnen – zu vertreten gesucht. Gunkel hat neue Beiträge zum religionsgeschichtlichen Verständnis in dem ersten Heft der „Forschungen z. Rel. u. Lt. d. A. u. N. T.: zum religionsgesch. Verständnis d. N. T.“ S. 38-63, geliefert. G., der übrigens jetzt das relative Recht der zeitgeschichtlichen und literarkritischen Erklärungsweise mehr als früher betont, gibt zahlreiche neue Anregungen auf religionsgeschichtlichem Gebiet. Jülicher sagt (Einl. 205) von Gunkels Forschungen, daß sie bestimmt seien im Verständnis der Apk Epoche zu machen. Daß das richtig ist, kann man sehen, wenn man z. B. die neuesten Arbeiten von Pfleiderer und Völter mit ihren zahlreichen religionsgeschichtlichen Ausführungen und Anmerkungen sich ansieht. Wie weite Kreise die religionsgeschichtliche Betrachtung bereits zieht, geht auch aus dem merkwürdigen und verkehrten Buch von A. Jeremias („Babylonisches im neuen Testament“ 1905) hervor. In eigentümlicher Weise verbindet sich hier Kritiklosigkeit auch gegenüber den wildesten „religionsgeschichtlichen“ Einfällen mit einem offenbarungsgläubigen Standpunkt alten Stils. (Vgl. auch den Aufsatz des Katholiken Th. Calmes, Les symboles de l’apocalypse, Revue biblique internat. XII. 1903, 52-68). Eine vortreffliche Fundgrube für weitere Forschungen auf diesem Gebiet ist das mit ausgezeichneter Stoffbeherrschung und großer Besonnenheit geschriebene Werk von H. Zimmern, die Keilinschriften und d. A. Test (von E. Schrader) Teil II 3. Aufl. 1903. Endlich verweise ich noch im allgemeinen auf meine Untersuchungen zur religionsgeschichtlichen Beurteilung der jüdischen Apokalyptik überhaupt (Rel. d. Judentums 1903, 195-276, 473-489 und jüdische Apokalyptik 1903, 36ff.). Gegenüber Gunkel betone ich mehr die Beziehungen der Apokalyptik zur eranischen Religion. Vgl. noch Volz, jüdische Eschatologie von Daniel bis Akiba 1903; T. K. Cheyne, Bible Problems London 1904. In Greßmanns „Ursprung der israelitisch jüdischen Eschatologie“ 1905 (Forsch. VI) fällt manche das Verständnis der Apk förderliche Bemerkung ab.


V. Gesamtcharakter, Zweck und Zeitlage der Schrift

I. Von den verschiedenen möglichen Methoden der Auslegung können heutzutage einige als nicht mehr in Betracht kommend und in wissenschaftlichen Kreisen nicht mehr vertreten einfach bei Seite gesetzt werden. Die weltgeschichtliche und kirchengeschichtliche Deutung ist auch von Gelehrten, die an dem spezifischen Offenbarungscharakter der Apk festhalten, allgemein

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S119.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)