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ein Aus-der-Rolle-fallen[1], und deshalb wird dieselbe auch niemals konsequent durchgeführt. Besonders charakteristisch ist der Wechsel des Tempus in Kap. 11. — In der fortlaufenden Schilderung wechseln Praesens und Aorist regellos. — Der Gebrauch des Imperfektum ist nicht häufig in der Apk, aber wo dasselbe eingeführt wird, geschieht es mit Bedacht. So wird es mit Vorliebe in ausmalenden und erklärenden Relativsätzen gebraucht 1,12; 2,14; 6,9, ferner in kleinen schildernden und erklärenden Zwischensätzen: 5,4 καὶ ἔκλαιον; 5,14 καὶ τὰ τέσσαρα ζῶα ἔλεγον; 6,8 καὶ ὁ Ἅιδης ἠκολούθει; 10,10 καὶ ἦν ἐν τῷ στόματι ... γλυκύ; 19,14 καὶ τὰ στρατεύματα ... ἠκολούθει; 21,15 καὶ ὁ λαλῶν ... εἶχεν[2]. Selten nur wird das Imperfekt in fortlaufenden Schilderungen gebraucht und dann immer bald durch das Präsens abgelöst 9,8ff.; 13,11ff. Bei κράζειν variieren die Codices sehr stark zwischen Imperf. und Aor. Doch scheint der Apok. das Imperf. überhaupt nicht gebraucht zu haben. Gesichert ist der Aorist 6,10 (> P An.); 7,2 (> AP 161); 10,3; 18,2; 19,17 (> Q 12. 95). Daher auch wahrscheinlich zu lesen: 18,18 (ACP 35. 81. 87. 95 vg. Tic.); 18,19 (AC 35. vg.). Das Präsens steht 7,10 und wahrscheinlich 12,2.

Vulgäre Vermischung der Tempora des Aorist und Perfekts (zu Gunsten der Perfektformen) ist Charakteristikum der Apk (Blaß 195). Daher der Gebrauch des Perfekts in den Apk sehr häufig, namentlich in den Briefen: 2,3 κεκοπίακας (ες) (AC 51. 81); 2,5 πέπτωκας (ες); 2,27; 3,2; 3,3; 3,8 (anders 2,21); 3,17; (3,20). Sonst seltener z. B. 14,8; 18,3; 19,13 (vielleicht auch 16,6 δέδωκας [AC]). Eine Vorliebe zeigt die Apk für εἴληφα (2,27; 3,3;) 5,7; 8,5; 11,17 (ἔλαβον nur 10,10; 17,12 und im Nebensatz 5,8; 20,4.); εἴρηκα 7,14; 19,3. Ferner ist zu vergleichen γέγονεν 16,17; γέγοναν (?) 21,6 (ℵcA 38 Lat.); γέγραπται 13,8; 17,8. Kaum mitzurechnen ist das präsentische ἕστηκα 3,20; 12,4 (seltsamerweise 18,17 ἔστησαν). Das Plusquamperfektum ist nur von ἕστηκα 7,11 gesichert[3].

Sehr bemerkenswert ist, daß der Apok. fast immer den Infin. Aor. gebraucht, also einen Sinn für den Unterschied von Inf. Präsens und Aor. kaum noch zeigt. Eine Ausnahme macht der Apok. bei βλέπειν, von welchem Verbum er den Aor. überhaupt nicht bildet[4] 1,12; 5,3.4; 9,20 (hier sind auch die folgenden Infinitive durch βλέπειν beeinflußt), ferner 11,6 στρέφειν und vielleicht 13,13 ποιῇ καταβαίνειν, wenn nicht gerade aus diesem Grunde (ἵνα) καταβαίνῃ mit Q Rel. c. zu lesen ist. Dagegen steht nach μέλλειν in der Regel wie im übrigen NT (Blaß 192) der Inf. Präs. 1,19 (γίνεσθαι mit ℵcA und den meisten Minuskeln zu lesen); 2,10 (lies πάσχειν — βάλλειν); 3,10; 6,11; 8,13; 10,4; 10,7; 12,5; 17,8, vielleicht auch 3,16 mit ℵ ἐμεῖν, hingegen 3,2


  1. Ausnahmen sind natürlich solche Stellen, in denen der Apok. weissagend vorausgreift z. B. 7,16f.; 13,10; 14,10; 17,14ff.
  2. δύναμαι steht immer im Ιmperf., ἐδυνήθην kommt nicht vor, beachte den Gebrauch von ἦσαν 4,11; 18,23.
  3. A liest 17,8 ἐγέγραπται; ℵ (Or.) 19,13 κέκλητο.
  4. Vgl. 3,18 ἵνα βλέπῃς; 18,9 ὅταν βλέπωσιν, daher ist wohl auch 22,8 (mit Α) ἔβλεπον zu lesen.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S169.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)