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τὸ ὄνομά σου, τοῖς μικροῖς καὶ τοῖς μεγάλοις[1]. Wenn ich vorschlage, das zweite καί zu streichen, so kann ich mich dabei auf die äußere Bezeugung kaum stützen, da auch in Cyprians Zitat nur eine Handschrift, das „et“ fortläßt. Aber hier scheinen mir innere Beweise entscheidend zu sein. Durchschlagend ist vor allem der Grund, daß durch Streichung des καί in dem Satz der schönste Parallelismus entsteht (τοῖς δούλοις - προφήταις; τοῖς ἁγίοις - τὸ ὄνομά σου). Dann sind hier neben allen Heiligen, die den Namen des Herrn fürchten, als eine besondre Klasse der Gläubigen nur noch die Propheten genannt, unter denen man natürlich nicht die alttestamentlichen Propheten zu verstehen hat. Unsre Stelle ist so verstanden ein locus classicus für die Wertschätzung des Prophetentums in der Apk. — Will man aber das καί beibehalten, so sind allerdings drei Klassen von Gläubigen zu unterscheiden: 1) οἱ δοῦλοί σου οἱ προφῆται (denn so ist nach dem sonstigen Gebrauch der Apk abzutrennen und nicht δοῦλοί auch auf οἱ ἅγιοι zu beziehen), 2) οἱ ἅγιοι, 3) οἱ φοβούμενοι, das, wenn man καί liest[2], nicht mit Dstd., B. Weiß als zusammenfassendes Charakteristikum der προφῆται und ἅγιοι aufgefaßt werden kann. Dann würde es sich fragen, wer mit den ἅγιοι und mit den φοβούμενοι gemeint sei. Diejenigen Kritiker, die hier eine jüdische Quelle annehmen, sehen in den beiden Klassen natürlich Juden und Proselyten. Aber die Annahme eines jüdischen Ursprungs von 11,15-19 ist schon wegen der deutlich den Apok. letzter Hand verratenden Sprachfärbung recht unwahrscheinlich; auch spricht sonst kaum ein wirklich ernsthaft zu nehmender Grund für die Annahme eines in 11,15-19 vorliegenden Quellenstückes. So bliebe bei der Lesart καί nichts anderes übrig, als die ἅγιοι und φοβούμενοι auf Juden- und Heidenchristen (vgl. die bei Paulus bekannte Wendung „die Heiligen in Jerusalem“) zu beziehen (Vlt.). Der Ausdruck τοῖς μικροῖς καὶ τοῖς μεγάλοις ist der Psalmensprache entlehnt, Ps 115,13: „Er wird segnen, die Jahve fürchten, die Großen und die Kleinen.“ Hier bezieht sich der Ausdruck allerdings wahrscheinlich auf Proselyten (Religion d. Judentums 83,1). Bei dem Apok. ist es eine stereotype Formel geworden; vgl. 19,5: πάντες οἱ δοῦλοι αὐτοῦ οἱ φοβούμενοι αὐτὸν οἱ μικροὶ καὶ οἱ μεγάλοι, ferner 13,16; 19,18; 20,12. καὶ διαφθεῖραι τοὺς διαφθείροντας[3] τὴν γῆν. 19,2 ἥτις ἔφθειρεν τὴν γῆν. Mit Recht hebt Dstd. die schon hier vorhandene deutliche Beziehung auf den Sturz Babels hervor. Der ganze Satz sieht recht überladen aus, daher streicht Vlt. das τῶν νεκρῶν κριθῆναι καί. Jedoch rührt die Überladung des Satzes daher, daß der Redaktor hier im Hinblick auf alles folgende, wieder einmal zusammenfaßt, wie dies von Dstd. richtig gesehen ist.

11,19. καὶ ἠνοίγη ὁ ναὸς τοῦ θεοῦ ὁ[4] ἐν τῷ οὐρανῷ. Hier


  1. τους μικρ. και τους μεγ. ℵAC (A liest bereits vorher και τους αγ. και τους φοβουμ.)
  2. Das Recht der Berufung auf Gal 6,16 (ἐπ’ αὐτοὺς καὶ ἐπὶ τὸν Ἰσραὴλ τοῦ θεοῦ; Bovon, andre Stellen bei Hirscht 90,1) ist überhaupt fraglich. Auch kann sie deshalb nichts beweisen, weil hier eine Aufzählung von drei Glieder vorliegt.
  3. διαφθειραντας C An.³⁴⁵ f g vg. s¹ Cypr. Pr.
  4. ACP An.³ 14. 38. 92; > ℵQ Rel.; s. o. S. 174.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S332.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)