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den Worten βλασφημῆσαι τὸ ὄνομα αὐτοῦ καὶ τὴν σκηνὴν αὐτοῦ. Er deutet hier σκηνή auf das irdische Heiligtum in Jerusalem, muß aber um diese Deutung durchzuführen schon hier gleich (καὶ) τοὺς ἐν τῷ οὐρανῷ σκηνοῦντας streichen. Sp. dringt ferner darauf, daß man unter dem zweiten Tier eine bestimmte Person verstehen müsse, und demgemäß bestreitet er die Deutung der sieben Häupter auf sieben Könige. Caligula allein werde durch das siebenköpfige Tier, eine Kombination aus Da 7,1ff., symbolisiert. Den V. 3 beseitigt dann, um die Beziehung auf Caligula aufrecht zu erhalten, Erbes ganz, Sp. läßt die zweite Hälfte (καὶ ἡ πληγὴ τοῦ θανάτου αὐτοῦ ἐθεραπεύθη.) stehen und findet hier eine Anspielung darauf, daß Caligula im Anfang seiner Regierung von einer tötlichen Krankheit befallen wurde, aber wieder genas (Sueton, Caligula 14; Dio Cassius LIX 8; Philo, Legatio ad Cajum Z. M. II 548). V. 4 wird dann von Sp. auf die Freude der ganzen Welt über Caligulas Genesung bezogen. V. 7a, den Krieg mit den Heiligen, muß Sp. wieder für eine Glosse erklären, Erbes für eine nicht erfüllte Weissagung. V. 8, die Anbetung des Tieres, läßt sich natürlich auf die Caligulazeit sehr gut beziehen (vgl. schon Mommsen a. a. O.). Die Verse 9-10 erklärt Sp. von seiner Hypothese aus, daß in Kap. 13 eine jüdische Apk vorliege, natürlich für Interpolation; Erbes hält sie[1], dafür aber ist seine Hypothese, daß Kap. 13 trotz der Beziehung auf die Caligulazeit dennoch christlich sei, prekär. Mit dem zweiten Tier wissen weder Erbes noch Sp. bei ihrer Auffassung des Ganzen etwas Rechtes anzufangen. Sp. denkt an Simon Magus, Erbes an Magier am römischen Hof; aber beide können in der von ihnen hier gesuchten historischen Situation neben Caligula keine irgendwie hervorragende Persönlichkeit von verderblichem Einfluß, die man auf das zweite Tier beziehen könnte, nachweisen. V. 15b bezieht Erbes auf die Drohungen des Petronius, der aber den Juden eher günstig gestimmt war. V. 16 sieht er die verschiedenen Scharen der Juden, die sich in der bedrängten Lage bittflehend an Petronius wandten. V. 14 muß Sp. natürlich ὃς ἔχει – ἔζησεν streichen, Erbes auch V. 12 οὗ ἐθεραπεύθη – αὐτοῦ.

Ich leugne nicht, daß diese Caligulahypothese auf den ersten Blick etwas Bestechendes hat. Aber gegen dieselbe erheben sich doch gewichtige Bedenken. Denn 1) kann sie nicht ohne große kritische Gewalttätigkeit durchgeführt werden. Folgende Verse werden nämlich teils von Sp., teils von Erbes ausgemerzt: V. 3 (Erbes, Sp. V. 3a), V. 4b (Sp. wegen der Beziehung auf den Krieg mit den Heiligen), V. 5b (Sp. aus rein literarischen Gründen), V. 6 τοὺς ἐν αὐτῇ σκηνοῦντας. (Sp.), V. 7a, V. 9-10 (Sp.), V. 12c (Erbes), V. 14c (Sp., Erbes), V. 18a (Sp.). Das heißt, etwa ein gutes Drittel des Kapitels müßte fallen, ehe dieses ganz in die Caligulazeit hineinpaßt. Und dabei bleibt die zweite Hälfte des Kapitels von hier aus noch recht unerklärlich. Ich würde vorschlagen, daß man dann außerdem wenigstens noch


  1. Er sieht in ihnen sogar den Mittelpunkt der ganzen Caligulaapok., welche nach ihm den Zweck hatte, in jener erregten Zeit die Judenchristen von dem Ergreifen der Waffen abzuhalten.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S376.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)