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neuen Gesang zu lernen. Auch daraus geht hervor, daß andre als die 144000 die Sänger des Gesanges sind. Hltzm. vergleicht mit Recht 2,17; 19,12. Auch hier handelt es sich um einen geheimnisvollen — sit venia verbo — zauberkräftigen Gesang, dessen Erlernung einen ganz besondern Vorzug der Gläubigen bedeutet.

14,4-5. Man beachte den harmonischen Satzbau im folgenden. V. 4a (Vordersatz mit Begründung) entspricht dem V. 5, in der Mitte stehen zwei kurze Sätze, die mit οὗτοι beginnen (4b) (Hofm., Dstd.).

14,4. οὗτοί εἰσιν, οἳ μετὰ γυναικῶν οὐκ ἐμολύνθησαν· παρθένοι γάρ εἰσιν. Zu dem Ausdruck παρθένος, auf Männer bezogen, vgl. Fabricius Cod. Pseudepigraph. Vet. Test. II 92-98; Kypke, Observationes sacrae ad loc.; Suidas s. v. Abel (Dstd.). Der Ausdruck ist auf keinen Fall bildlich umzudeuten, noch von geschlechtlicher Keuschheit im allgemeinen zu verstehen, noch auf die Enthaltung von Hurerei, wie sie mit dem Götzendienst verbunden zu sein pflegte (Bleek, de W.), zu beziehen; auch ist hier nicht von den Gläubigen der Endzeit die Rede (Hofm.). Man wird vielmehr den katholischen Auslegern darin Recht geben müssen, daß hier an christliche Asketen zu denken sei (Augustin, de virg. 27; Hieron., advers. Jovin. I 40; Andreas, Beda, Dstd., Hltzm.). Hltzm. führt für die Möglichkeit, daß παρθένοι hier tadellose Gemeindeglieder bedeuten könnte, als Parallele an: Epiph. Haer. 30,2 τὰ αὐτῶν συγγράμματα πρεσβυτέροις καὶ παρθένοις γράφουσιν. Doch ist diese Stelle selbst undeutlich. Die früheste Erwähnung von Asketen findet sich neben unsrer Stelle in den Ignatianen (ad Polyc. V 2), doch vgl. schon Mt 19,12. Schon um die Wende des ersten Jahrhunderts war also die völlige Askese eine in der Kirche bereits verbreitete Sitte (vgl. Rückert, theol. Quartalschrift 1887, 105-132). οὗτοι[1] (sc. εἰσιν) οἱ ἀκολουθοῦντες τῷ ἀρνίῳ, ὅπου ἐὰν[2] ὑπάγῃ[3]. Obgleich man ein andres Tempus erwarten sollte, ist diese Schilderung, analog den umgebenden Sätzen, auf die Vergangenheit zu beziehen. Sie charakterisiert also nicht die Gläubigen in ihrem zukünftigen seligen Zustande. Dann aber liegt hier wahrscheinlich ein Anklang an das Herrenwort Mt 10,38; 16,24f. vor (Resch, außerkanonische Evangelienparallelen; vgl. Joh 21,18f.). οὗτοι[4] ἠγοράσθησαν ἀπὸ τῶν ἀνθρώπων ἀπαρχὴ[5] τῷ θεῷ καὶ τῷ ἀρνίῳ. Sie wurden (aus der Sündenherrschaft) aus der Zahl (ἀπό) der übrigen Menschen erkauft, wie alle übrigen Gläubigen (d. h. durch Jesus erlöst), aber als eine ἀπαρχή, eine Erstlingsgabe für Gott, eine besonders auserwählte Schar Gottes. καὶ τῷ ἀρνίῳ macht hier fast den Eindruck des Zusatzes. Denn erkauft wurden die Gläubigen „von“ dem Lamm für Gott. Es ist übrigens möglich, daß mit den οὗτοι οἱ ἀκολουθοῦντες die auserwählten Frommen von einer andern Seite ihres Wesens geschildert würden: sie sind zugleich die Märtyrer. Wie


  1. ACP An.¹² 38 g am. harl. cle. dem. tol. lips. c s¹ a Or.; + εισιν Q Rel. s² fu. Meth. Cypr. Pr.
  2. αν ℵACP An.¹²³ 38. 93; Q Rel. εαν.
  3. υπαγει AC An.⁵.
  4. Q Rel. (exc. An.¹²⁴ 95) + υπο Ιησου.
  5. ℵ 16. 39. Pr. (wahrscheinlich auch sa.) απ’ αρχης.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 381. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S381.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)