Seite:Bousset-S389.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zu dem in seiner Quelle vorgefundenen ἄγγελος ein ἄλλος hinzugefügt habe. Merkwürdig ist auch die einfache Erwähnung, daß der Engel aus dem Tempel gekommen sei, weshalb vielleicht An. in ἐκ τοῦ οὐρανοῦ verändert, während bei Pr. die Bestimmung ganz fehlt. Ist ἐκ τοῦ ναοῦ zu lesen, so hat man den Ausdruck auf den himmlischen Tempel zu beziehen und sich zu erinnern, daß der Apok. von Kap. 8 an die allerdings dann und wann wieder fallen gelassene Vorstellung von einem in der Vision geschauten himmlischen Tempel festhält. πέμψον τὸ δρέπανόν σου καὶ θέρισον, ὅτι ἦλθεν ἡ ὥρα (11,18; 14,6; s. o. S. 177)[1] θερίσαι· ὅτι ἐξηράνθη ὁ θερισμὸς τῆς γῆς. Das Doppelbild von Kornernte und Weinernte (hier u. V. 17) ist genau nach Joel 4,1ff. LXX 4,13 gebildet: „ἐξαποστείλατε δρέπανα, ὅτι παρέστηκεν τρυγητός. εἰσπορεύεσθε πατεῖτε, διότι πλήρης ἡ ληνός“. πέμψον und nachher (V. 17) ἔβαλεν sind natürlich nur Übersetzungen des hebräischen שלח, ein Beweis, daß der Schriftsteller hier kaum den Text der LXX vor sich gehabt hat (Sp.). Zu dem Gebrauch von πέμπειν vgl. I Sam 20,20. Es ist hier nicht an die Erntevorstellung Mt 9,37; Joh 4,35ff. zu denken. Die Ernte ist hier nur Sinnbild des Gerichts und der Vernichtung. Einige Ausleger denken zwar zunächst an die Entscheidung für die Gerechten, so daß dann erst nachher das Gericht über die Ungerechten hereinbräche. Das ist jedoch durch die Anlehnung an die Joelstelle ausgeschlossen.

14,16. καὶ ἔβαλεν ὁ καθήμενος ἐπὶ τὴν νεφέλην[2] (s. o. S. 165) τὸ δρέπανον αὐτοῦ ἐπὶ τὴν γῆν, καὶ ἐθερίσθη ἡ γῆ. Die Erde wurde geerntet, d. h. es wurde ein Ende gemacht mit aller Bosheit und Schlechtigkeit der Erde.

14,17. καὶ ἄλλος ἄγγελος ἐξῆλθεν ἐκ τοῦ ναοῦ τοῦ ἐν τῷ οὐρανῷ, ἔχων καὶ αὐτὸς δρέπανον ὀξύ. Auch hier und im folgenden muß der Bearbeiter irgendwo eingegriffen haben. Denn schwerlich hat in dem ursprünglichen Bild neben dem Messias-Menschensohn eine zweite weltrichtende Gestalt gestanden.

14,18. καὶ ἄλλος ἄγγελος ἐξῆλθεν[3] ἐκ τοῦ θυσιαστηρίου (ὁ)[4] ἔχων ἐξουσίαν ἐπὶ τοῦ πυρός. Wie dem Menschensohn ein Engel zur Seite trat (V. 14-15), so tritt hier neben die zweite richtende Engelsgestalt ebenfalls ein zum Gericht mahnender dritter resp. vierter Engel. Dieser kommt aus dem Altar (ἐκ ist nicht gleich ἀπό). Zu dieser Schilderung ist 8,3ff., dann 6,9; 9,13; 16,7 zum Vergleich heranzuziehen. Nach dem ganzen Zusammenhang ist nur an einen Altar, der in der himmlischen Tempelszenerie vorhanden ist, zu denken, und zwar an den Brandopferaltar. Daß in diesem ein Feuerengel waltend gedacht wird, ist leicht erklärlich. Über die Vorstellung von Engeln, die über die einzelnen Elemente gesetzt sind, s. Religion des Judentums 317. καὶ ἐφώνησεν [ἐν][5] φωνῇ[6] μεγάλῃ τῷ ἔχοντι τὸ δρέπανον τὸ ὀξὺ


  1. + του 10. 18. 26. 30. 33. 34. 37. 39. 49. 90. 91. 93. 98. g; θερισμου ℵ 38. 41; beides Korrekturen des schwierigen Infinitivs.
  2. την -ην CP Rel.; της νεφελης ℵA An.¹² 38; τη ν -η Q 7. 8. 13. 14. 26. 32. 50. 90. 92. 93. 94.
  3. > A g am. fu. Pr. (non f.).
  4. + ο AC g vg. s¹².
  5. > ℵACPQ An.; + εν Rel.
  6. κραυγη C Rel. (exc 38. 95).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 389. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S389.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)