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Moses 10,6; vgl. die pseudojohanneische Apk Kap. 19 (apoc. apocr. ed Tischendorf): καὶ ὅταν ἀνοίξῃ τὴν ἕκτην σφραγῖδα, ἐκλείψει τὸ δίμυρον τῆς θαλάσσης; – und Bedas Kommentar, der ebenfalls zu dieser Stelle auf den Weltbrand[1] verweist. Auch ist eine Parallele bei Plutarch de Iside et Osiride 7 immerhin sehr merkwürdig. Es heißt dort von den Isispriestern: ὅλως δὲ καὶ τὴν θάλατταν ἐκ πυρὸς ἡγοῦνται καὶ παρωρισμένην, οὐδὲ μέρος οὐδὲ στοιχεῖον ἀλλ’ ἀλλοῖον περίττωμα διεφθορὸς καὶ νοσῶδες. — Es mögen bei diesen Phantasien über das Verschwinden des Meeres auch agrarische Neigungen einer binnenländischen Bevölkerung mitspielen. An einen Zusammenhang mit dem babylonischen Schöpfungsmythus, in welchem das Wasserungetüm Tiâmat als spezieller Gegner der Götter, erscheint, ist hier wohl kaum zu denken.

21,2. καὶ τὴν πόλιν τὴν ἁγίαν Ἰερουσαλὴμ καινὴν εἶδον καταβαίνουσαν ἐκ τοῦ οὐρανοῦ ἀπὸ τοῦ θεοῦ (S. 177). Der Wechsel der Präposition ist beabsichtigt: ἐκ gibt den Ursprung, ἀπό den Urheber an. Der Apok. erwartet also das himmlische Jerusalem erst nach dem tausendjährigen Reich, er rechnet dasselbe schlechthin zu der zukünftigen Welt. Jeder Gedanke an eine Verklärung und Erneuerung des irdischen Jerusalems ist ausgeschlossen. Diese Anschauung vom himmlischen Jerusalem findet sich nun übrigens auch in späteren jüdischen Apokalypsen. Sie scheint erst nach dem Fall Jerusalems weitere Verbreitung gefunden zu haben. Bald nach diesem Ereignis verkündigt die Apokalypse des Baruch (Kap. 4), daß das zerstörte Jerusalem gar nicht das eigentliche Jerusalem sei. Dieses sei bei Gott von Anfang der Welt bewahrt, Moses habe es auf dem Berge Sinai gesehen. In ähnlicher Weise wird in der vierten Vision des IV Esra-Buches das himmlische Jerusalem dem irdischen gegenübergestellt. Demgemäß wird nun auch in der Zukunft nicht mehr eine Erneuerung des irdischen, sondern ein Erscheinen des himmlischen Jerusalem erwartet IV Esra 7,26; 8,52; 10,27ff.50ff.; 13,36. Das Theologumenon von dem präexistenten Jerusalem ist freilich wahrscheinlich früher vorhanden gewesen. Vgl. bereits I Hen 90,28ff.; 53,6; Gal 4,26; Hebr 12,22, aber einen Einfluß auf den Glauben und die Eschatologie des jüdischen Volkes erhielt, so weit wir wenigstens sehen können, jene theologische Theorie erst nach dem Fall Jerusalems. Daneben hielt sich freilich auch noch die spezifisch irdische, chiliastische Hoffnung auf Neu-Jerusalem. Ein schönes Beispiel hierfür gibt das fünfte Buch der Sibyllinen mit den beiden Bildern von Neu-Jerusalem V. 250ff. 420ff. Vgl. Religion d. Judentums 221. 272. ἡτοιμασμένην ὡς νύμφην κεκοσμημένην τῷ ἀνδρὶ αὐτῆς. S. das zu 19,7 Bemerkte. Zum zweiten Mal schlägt der Apok. hier das Motiv vom himmlischen Jerusalem, der Braut des Lammes, an. Er pflegt seine Bilder von fernher vorzubereiten.

21,3. καὶ ἤκουσα φωνῆς μεγάλης ἐκ τοῦ θρόνου[2] (οὐρανοῦ)


  1. Weitere Parallelen s. Bousset, Antichrist 159ff.
  2. θρονου ℵA vg. (a) Ir.i Aug.; alle andern ουρανου. Ir.gr. >; vielleicht sind daher beide Varianten eine spätere Glosse.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 443. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S443.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)