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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

hat; die plattdeutschen Laute sind möglichst genau in der Form wiedergegeben, wie sie im Korrespondenzblatt gedruckt vorliegen. Die hochdeutsche Fassung einzelner zunächst plattdeutsch überlieferter Stücke rührt natürlich von meinem Onkel her.

Zu den mit abgedruckten Zeichnungen haben die Märchen- und Sagenstoffe die unmittelbare Anregung gegeben, wie schon aus Skizzenbüchern der fünfziger Jahre zu ersehen ist. Das leider nur im Entwurf angefertigte Titelblatt und die Bleifederzeichnung »Bremer Stadtmusikanten« sind hier zum ersten Mal veröffentlicht; die anderen drei Feder- und Tusch-Zeichnungen sind schon in dem Prachtwerk »Wilhelm Busch’s künstlerischer Nachlaß« erschienen und werden hier mit Genehmigung der Hofkunstanstalt Franz Hanfstaengl in München reproduziert.

Mein Onkel selbst hat sich verschiedentlich zu der Sammlung dieser Märchen und Sagen geäußert. So schreibt er 1893 in der kurzen Selbstbiographie »Von mir über mich«:

»Nach Antwerpen hielt ich mich in der Heimath auf.

Was damals die Leute ut ôler welt erzählten, sucht ich mir fleißig zu merken, doch wußte ich leider zu wenig, um zu wissen, was darunter wissenschaftlich bemerkenswerth ist. Das Vorspuken eines demnächstigen Feuers hieß: wabern. Den Wirbelwind, der auf der Landstraße den Staub auftrichtert, nannte man warwind; es sitzt eine Hexe drin. Übrigens hörte ich, seit der »alte Fritz« das Hexen verboten hätte, müßten sich die Hexen überhaupt sehr in Acht nehmen mit ihrer Kunst.

Am meisten wußte ein alter stiller für gewöhnlich wortkarger Mann. Einsam saß er abends im Dunkeln. Klopft ich ans Fenster, so steckte er freudig den Thrankrüsel an. In der Ofenecke stand sein Sorgensitz. Rechts von der Wand langte er sich die sinnreich senkrecht im Kattunbeutel hängende kurze Pfeife, links vom Ofen den Topf voll heimischen Tabacks; und nachdem er gestopft, gesogen und Dampf gemacht, fing er seine vom Mütterlein ererbten Geschichten an. Er erzählte gemächlich; wurde es aber dramatisch, so stand er auf und wechselte den Platz, je nach den redenden Personen, wobei denn auch die Zipfelmütze, die sonst nur leise nach vorne nickte, in mannigfachen Schwung gerieth.

In den Spinnstuben sangen die Mädchen, was ihre Mütter und Großmütter gesungen. Während der Pause, abends um neun, wurde getanzt; auf der weiten Haustenne; unter der Stalllaterne; nach dem Liede:

maren will wi hawern meihn;
wer schall den wol binnen?
dat schall (meiers dortchen) don,
de will eck wol finnen.«

Als im Jahre 1900 die ersten Märchen im Korrespondenzblatt erschienen,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. Lothar Joachim, München 1910, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_004.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)