Seite:Busch Ut oler Welt 048.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

auch, und weil er jedesmal das meiste mit zu Haus gebracht hatte, so kriegte er die Prinzessin zur Frau.

Die Prinzessin weinte aber so viel und war ganz unglücklich, daß sie einen Spitzbuben zum Manne haben und unter lauter Spitzbuben leben sollte; da gab sich der Königssohn ihr heimlich zu erkennen und sagte: »Weine nur nicht mehr! Ich bin kein Spitzbube, wie du wohl denkst, sondern ein Königssohn und will dich aus deiner Gefangenschaft befreien, sobald es geht, und mit dir zu deinem Vater reisen«.

Er wurde nun ordentlich in die Bande aufgenommen und kriegte eine Flöte, darauf spielte er, wenn er zu Hause war und vertrieb der Königstochter die Zeit; zuweilen fuhr er in der Mittagszeit auch mit ihr spazieren, denn der oberste der Spitzbuben hatte eine Kutsche und vier Pferde und hatte es ihm erlaubt, zuweilen darin herumzufahren, aber nur ganz nahe bei dem Hause, damit sie ihn immer sehen konnten.

Nun traf es sich eines Tages, daß die Bande gute Beute gemacht hatte; da stellten sie ein Trinkgelage an und soffen so viel Wein, daß sie alle betrunken wurden. Der Königssohn hatte aber nur gethan als tränke er mit, und als er nun sah, daß sie alle unter dem Tische lagen, da ging er hinaus, spannte die Pferde vor die Kutsche und jagte mit der Prinzessin über Stock und Stein aus dem Walde hinaus und hörte nicht eher auf, bis er zu einer Stadt kam, die an der See lag. Über diese See mußten sie aber fahren, um wieder in ihre Heimath zu gelangen; darum beredeten sie sich mit einem Schiffskapitän, der mit seinem Schiffe da im Hafen lag, daß er sie mitnähme. Sie wurden mit dem Manne auch einig und gingen auf das Schiff, das zur Rückfahrt bereit lag. Da sie nun vom Lande gestoßen waren und auf die offene See kamen, da zeigte es sich, daß der Kapitän des Schiffes ein treuloser Mann war.

Er war aus dem Lande, wo die Prinzessin her war, und da hatte der König, ihr Vater, bekannt machen lassen, wer seine Tochter aus den Händen der Spitzbuben befreie, der sollte König werden und die Prinzessin zur Frau haben. Nun hatte aber der Schiffskapitän die Königstochter wieder erkannt, darum machte er heimlich einen Anschlag, wie er ihren Gefährten, der sie befreit hatte, von der Welt schaffen könnte. Er beredete sich mit seinen Matrosen, daß sie ihn in der Nacht binden un in das Meer werfen sollten und verhieß ihnen, wenn sie das thäten, guten Lohn. Da waren die Matrosen auch bereit, banden ihn, als er im Bette lag, mit Stricken und wollten ihn über Bord in die See werfen; er bat aber so viel, sie möchten ihm doch das Leben lassen, daß sie endlich nachgaben und einen alten Kahn losmachten, da setzten sie ihn hinein, gaben ihm altes lumpiges Matrosenzeug, weil er halb nackt war, und stießen den Kahn in die See hinaus. »Der wird uns sicher nicht verrathen,« dachten sie; »wenn er nicht verhungert, so muß er doch ertrinken,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_048.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)