Seite:Busch Ut oler Welt 103.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

Winde wehten; und als er auf das Feld kam, wo die Heere an einander waren, that er drei Kreuzhiebe mit seinem Schwerte, da lagen gleich dreimal hunderttausend Feinde erschlagen, die andern flohen. So war an diesem Tage die Schlacht für den König gewonnen. Da rief der König: »Nun bringt mir den Reuter mit dem Goldhaar her, daß ich sehe, wer er ist und ihn belohnen kann, denn er allein hat uns den Sieg erstritten!« Er war aber nirgends mehr zu finden; denn Friedrich, nachdem die Schlacht entschieden, war sogleich wieder davongeritten. Er brachte den Schimmel wieder in die hohle Eiche, legte die blanke Rüstung ab und umwand seinen Kopf mit dem Tuche; darnach ging er an den Strom und haute mit dem Schwerte ins Wasser und sprach dabei in einem fort: »Einen erhauen, Einen erstochen; Einen erhauen, Einen erstochen!«

Da nun das Heer, des Sieges froh, mit voller Musik stromab den Heimweg zog und die Soldaten den Friedrich an dem Strome sitzen sahen, sprachen sie untereinander: »Seht! da sitzt Grindhans, des Königs Schwiegersohn!« Als sie aber vorüber waren, brachte Friedrich dem Schimmel das Schwert zurück. Da sprach der Schimmel: »Morgen früh komm wieder und thu, wie du heute gethan hast, denn es wird noch eine zweite Schlacht zu schlagen sein, weil des Königs Feinde sich wieder gesammelt haben.« Es kam auch, wie der Schimmel gesagt hatte.

Den andern Morgen zog der König mit seinem Heere den Strom hinauf, und die Soldaten hatten über Friedrich ihren Spott und sprachen unter einander: »Seht! da sitzt der Grindhans, des Königs Schwiegersohn!« Er aber wartete, bis sie vorüber waren; dann rüstete er sich, schwang sich in den Sattel und jagte ihnen nach in vollem Galopp, daß seine goldenen Locken im Winde wallten. Es war auch die höchste Zeit, daß er auf dem Schlachtfelde ankam, denn schon war des Königs Heer im Weichen. Da schwang er rasch sein Schwert und that diesmal fünf Kreuzhiebe, da lagen fünfmal hunderttausend Feinde erschlagen und waren alle todt bis auf den letzten Mann.

Es hatte aber der König diesmal den Befehl gegeben, wenn der Reuter mit dem Goldhaar wiederkäme, daß man ihn um jeden Preis anhalten, oder, wenn er entflöhe, auf ihn schießen sollte, so groß war des Königs Verlangen, zu wissen, wer er war und woher er käme. Da nun Friedrich, als der Sieg entschieden, rasch davon jagte, und die Soldaten sahen, daß sie ihn nicht fangen konnten, gaben sie Feuer; er entkam aber glücklich; nur eine Kugel schrammte ihm das Bein.

Nachdem er nun in der hohlen Eiche seinen Waffenschmuck wieder abgelegt und sein Haar mit dem Tuche umwunden hatte, setzte er sich an das Wasser; und als das Heer nun unter voller Musik den Strom hinab marschierte, sprachen die Soldaten spottend: »Seht! da sitzt Grindhans, des Königs Schwiegersohn!« Er aber kehrte sich nicht daran, sondern brachte,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_103.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)