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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

der aber und ging weg. Als er an die Stiege kam, wurde es mit einem Male so dunkel und regnicht, daß er gar nichts mehr sehen konnte; da rief es auch schon: »Guden Abend! Guden Abend!« und er konnte die Stiege nicht finden, er kam zur Seite an den Hagen, an die Hucht, die da stand, zu grabbeln, dann wieder vor die Stiege. Da rief es wieder: »Guden Abend! Guden Abend!« »Dank heft!« gab er zur Antwort, »eck wünsche di un mi de ewige seligkeit!« »Up dat woord hew eck nu all hundert jahr ’elurt!« rief der Gutenabend. Dann ward es still, und der Borsteler Meier fand die Stiege und kam glücklich nach Hause. Er erzählte nachher, dabei wäre ihm aber mal schnell sein Rausch von der Nase gegangen, das könnte er einem versichern. – Darnach hat sich der Gutenabend nie wieder vernehmen lassen.


12.

In Schlüsselburg lebten zwei Brüder. Als der eine starb, mußte der andere ihm, da er auf dem Sterbebette lag, versprechen, seine zurückgelassene Braut zu heirathen. Der Überlebende aber erfüllte dies Versprechen nicht. Da kam der Todte in jeder Nacht wieder und zeigte sich auf dem Hausboden und rief: »Fritz soll Gerke hebben!« Fritz ging zum Pastor; der rieth ihm, den Geist anzureden, wenn er wieder erschiene. Er that es in der nächsten Nacht; da antwortete der Geist: »Es wird keine Ehe auf Erden gemacht, sie wird zuvor im Himmel erdacht.« Dann sollte Fritz ihm noch einmal versprechen, daß er die Gerke nehmen wollte, und sollte ihm die Hand darauf geben. Da reichte er dem Geist einen Besenstiel, der wurde ganz schwarz.


13.

In Rewelingen Haus in Schlüsselburg stehen einmal in den Zwölften (Weihnachten bis Heiligen drei Könige) die beiden gegenüber liegenden Seitenthüren offen; dazwischen liegt der Feuerheerd. Da geht es plötzlich: »Kiff, kaff! Kiff, kaff!« Hackelberg zieht mit dem wilden Heer hindurch und läßt einen Hund zurück, der bleibt das ganze Jahr da und frißt nichts als Usel[1]. Der Hund liegt immer am Heerde, dicht am Feuer, und das Jahr drauf wird er von Hackelberg wieder mitgenommen. (Ähnliches wird von drei verschiedenen Häusern in Wiedensahl erzählt; sie sind gleich darnach abgebrannt. – Deshalb ist es noch heute in manchen Häusern Gebrauch, in den Zwölften die Seitenthüren fest zu schließen, sobald es Abend wird.)


14.

In Wiedensahl will eine Frau an einem Sommermorgen den Grasmähern


  1. Asche. Usel nannte man besonders die verkohlte Leinwand in den Zunderbüchsen und den alten Küchenfeuerzeugen für Stahl und Stein. W. B.
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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_119.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)